Seite - 150 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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Kaindorf-Pöllau, 13-3 Kilometer, 2'/2 Stunden.
Post täglich ab um 3 Uhr Nachmittag, Fahrpreis 70 kr. per
Person. Strasse: das schöne, fruchtbare Safenthal, von dem reizenden
Pöllauer Kessel umschlossen, aufwärts.
3/4 Stunden von Kaindorf, gegen Nordwesten, erhebt
sich in lieblicher Lage die alte gothische Filialkirche St. Stephan.
Die Gegend mit nur wenigen Besitzungen heisst Hofkirchen
und gibt der ganzen ausgedehnten Gemeinde ihren Namen.
Der Name Hofkirchen ist sehr alt, wir begegnen demselben zum
erstenmal in einer Teuffenbacher Urkunde vom Jahre 1342,
in welcher als Zeuge ein edler Mann, „Walchun von Hof-
chirchen", ein Dienstmann der Stubenberger, erscheint. Nach
einem Theilungsvertrage zwischen den Brüdern Stubenberg vom
Jahre 1396 besassen diese sowohl hier, als im nahen Maier-
hof (im Volksmunde Moihöf) ein Gut. Von diesem Gute oder
Hofe und von der Kirche hat wohl die Gegend ihren Namen.
Die Bauzeit der im gothischen Style erbauten Kirche ist
unbekannt. Urkundliche Nachricht erhalten wir von derselben
im Jahre 1384 in dem Testamente des Härtl von Teuffenbach,
in welchem derselbe „6 phunt wiener phenning gein hofchirchen
verschafft, daz man daz gotzhaws damit pezzern sol, oder daz
man damit etwas stifte czu dem gotzhaws".
Obwohl sich die Kirche nach Aussen als einheitlicher
Bau darstellt, so weist doch die Architektur des Kirchenschiffes
innen auf zwei Bauperioden hin, und zwar erweist sich der
Chor mit seiner edlen mageren Gliederung und dem einfachen
Kreuzgewölbe als der weitaus (frübgothische) ältere, das später
angebaute Schiff dagegen mit seinem Sterngewölbe als jüngerer
(späthgothischer) Bau. Beide Theile sind aus Bruch- und Kiesel-
steinen erbaut. Die Höhe des Chores beträgt 12 5 M., des
Schiffes jedoch 16-5 M. Im Thurm befindet sich eine Glocke
von 1543. Sehenswerth ist das stockhohe Bauernhaus Nr. 1
von der Hofseite aus, da es das gleiche Baumaterial wie die
Kirche und somit ein hohes Alter zeigt. Im Keller ist der
Eingang zu einem noch gut erhaltenen Gangstücke, welches
einst einen Theil der sogenannten Frauenhöhle zu St. Stefan
gebildet hat. Von der Kirche haben sich zwei Sagen erhalten:
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918