Seite - 171 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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Wichtige Gebäude: 1. Am nordwestlichen Ende des
grossen, durch eine Ehrensäule gezierten Hauptplatzes mit in-
teressanten alten Häusern, erheht sich an Stelle der früheren
düsteren Ringmauern, mit reizenden Parkanlagen umgeben, die
uralte St. Thom a skirch e am Tabor, in welcher die früher
erwähnte Versammlung steiriseher Edlen am 11. Mai 1188
abgehalten wurde. Die auf einem natürlichen Hügel gelegene
Kirche hat somit schon vor 1188 bestanden und bildete den
Mittelpunkt eines sogenannten Tabors, eines Systems von um
die Kirche gruppirten Wehrbauten, hinter welchen sich bei
drohender Kriegsgefahr die Bevölkerung flüchten konnte. Heute
sind die Ringmauern längst demolirt, und erinnern nur die
Schiessscharten in dem massigen, über dem Chorquadrate der
Kirche aufragenden viereckigen, von einem Satteldache über-
ragten, 26-5 M. hohen Thurme, der Hauptstütze des Tabors,
an die einstige Bedeutung dieses Platzes. Das in Quadern er-
baute Schiff der Kirche, inclusive Chorquadrat, gehörten zweifel-
los der romanischen Stilperiode an, von welcher jedoch nur
mehr das Westportal der Kirche, welches Spuren des
Uebergangsstiles zeigt, Zeugniss gibt. Zur Zeit der gothischen
Stilperiode wurde Anfangs des 14. oder Ende des 13. Jahr-
hunderts an Stelle der Apsis das polygone Presbyterium an-
gebaut, dessen Gewölbe von 12 Rippen, deren Schlusssteine
mit Schildern geziert sind, getragen wird. Im Jahre 1644 wurde
das Kirchenschiff mit einem zopfigen Tonnengewölbe versehen
und das Chorquadrat zum Thurme erhöht. Die düstere, überaus
schmale und niedrige Kirche hat eine lichte Länge von 29 M.,
wovon auf den romanischen Theil (Schiff- und Chorquadrat)
23-8 M. entfallen, bei nur 7 9 M. Breite und 7-8 M. Höhe.
Das Schiff der Kirche wird nur an der Südseite von zwei halb-
runden, schmal geschlitzten Fenstern und einem Rundfenster
dürftig erleuchtet, ebenso das Chorquadrat von einem, und der
Chorschluss von drei schmalen Fenstern. Interessant ist der
Thurm als Mittelpunkt des Tabors; er hat stockweise Reihen
von Schlusslöchern, in welchen sich noch die hölzernen Bolzen
zum Auflegen der Doppelhacken befinden. Das Hochaltarbild,
den Kirchenpatron darstellend, wurde 1771 von Josef v. Mölk
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918