Seite - 189 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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sich die wei tbekannte Sage vom Schöckelscha tz
der S tubenberg , die wir kurz erzählen wollen.
Zwei Brüder aus dem Geschleclite der Stuhenberg wurden
vom Papste mit dem Kirchenbanne belegt und später auch vom
Landesfürsten ihrer Güter verlustig erklärt. Da zogen sie mit all
ihren reichen Schätzen, von wenigen Getreuen begleitet, von der
Burg Kapfenberg nach den damals fast unzugänglichen Waldschluchten
am Schöckel und bauten die Burg Stubegg. Um jene Zeit erliess
Friedrich II. einen Aufruf zum Kreuzzuge. Diese Gelegenheit
be-nützten
die Brüder, um sich vom Kirchenbanne zu erlösen, bevor
sie jedoch die Heimath verliessen, brachten sie mit wenigen Vertrauten
ihre Schätze in der Nähe des Scliöckelkreuzes in eine dicht verwachsene
Felsenspalte. Die Oeffnung wurde mit einer eisernen Thür verschlossen
und mit Moos und Steinen verdeckt. Die Schlüssel zur Thüre und
zur Truhe mit den Schätzen nahmen sie aber mit sich und mussten
auch alle Mitwisser an diesem Familiengeheimnisse sich dem
Heer-zuge
anschliessen. Zwei Jahre harrte schon der treue Burgwart auf
Stubegg auf die Rückkehr seiner Herren, da kam endlich ein Pilger
mit der Kunde, dass beide Stubenberg mit all' ihren Mannen
umge-kommen
wären und dass ihm einer der Brüder sterbend die Schlüssel
übergeben habe, mit der Entdeckung des Familiengeheimnisses. Aber
trotz allen Suchens konnte weder der Burgvogt noch der Pilgrim den
Schatz der Stubenberg finden, ja sie verloren auch die Schlüssel hei
diesen Streifzügen. Hundert Jahre später fiel es auf, dass ein armer
Bauer plötzlich sehr reich wurde, man inquirirte denselben und wendete
schliesslich die Tortur an, um ihn zum Geständnisse zu bringen. Die
urkundlich noch vorhandene Aussage des Bauers lautet: Er sei am
19. December 1314 Schulden einfordern gegangen, da wäre ihm eir:
Bub begegnet und hätte ihn zu einer eisernen Thür mitten im Wald
geführt und ihm zwei Schlüssel gegeben, mit der Weisung, die Thüre
aufzusperren; sie gelangten in drei Gewölbe, in dessen letztem sieben
eiserne Truhen standen. Der Bub wies aber den Bauer an, nur von
dem zweiten Gewölbe, wo ein Haufen Kohlen lag, zwei Handvoll zu
nehmen. Als der Bauer aber die Kohlen näher ansah, waren es
Goldklumpen. So kam der Bauer durch achtzehn Monate zur Höhle
und kaufte ein Gut nach dem anderen, bis er eingezogen wurde.
Graf Stubenberg forderte den Bauer auf, ihn zur Höhle zu führen,
aber in der vorhergehenden Nacht ging ein furchtbares Unwetter
über den Schöckel nieder und der Bauer konnte die Höhle nicht mehr
finden. Die beiden Schlüssel und mehrere Urkunden über diesen
Schatz, der noch der Erlösung harrt, befinden sich noch heute im
Besitze der Stubenberg.
5. Nach Fladnitz (Kirchdorf) J/2 Stunde westlich von
Passail. Weg: Strasse nach Westen über den Bühelriegel zum
Meierhofe des Dechants, dann zum Pos twir th (gutes Gast-
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
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- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918