Seite - 197 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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ist, ja die Sage weiss gar von einer Stadt zu erzählen, die
sich über der Au ausgebreitet haben soll. Da kamen aber eines
Tages mächtige Wassermassen aus der Feistritzklamm heraus-
gewogt und brausten über das Thal dahin und zerstörten über
Nacht, was die Menschen mühsam erbaut. Da flüchteten die
Einwohner auf das sonnige Thalgelände und bauten eine neue
Kirche und schaarten ihre Hütten um das Gotteshaus, das sie
dem heil. Nicolaus weihten, dem Schutzpatrone in Wassergefahr.
Das Vogtei- und Patronatsrecht blieb aber den Stubenbergern,
bis sie es am 26. Juni 1656 an die Herberstein abtraten,
die es noch heute besitzen. Aber allmälig war auch dieses
Kirchlein baufällig und zu enge für die Pfarrgemeinde geworden,
und so entstand 1757—1760 eine neue, grössere Kirche im
freundlichen Barockstyle. Wer aber heute das schmucke Kirch-
lein so freundlich auf der sonnigen Höhe thronen sieht, vermag
kaum zu ahnen, dass wir in ihr das Pantheon edler Sprossen
so vieler ruhmvoller Adelsgeschlechter zu suchen haben. Gehen
wir vorerst aussen herum gegen Süden, so finden wir zunächst
den prächtigen Grabstein aus dem 15. Jahrhundert
von rothem Marmor, mit dem Wappen und Stechhelm des
edlen und vesten Hanns Drächsler zu Neuhaus und seiner
Hausfrau, von welcher Burgveste die Kirche auch eine schöne
Marienstatue übernommen hat, und nahe davon ruhet wieder
Georg Reichsgraf von Wurmbrand-Stuppach, Ober-
Erbland-Kuehelmeister etc. Und wieder nur wenige Schritte weiter
ragt, sich mächtig ausdehnend, das imposante Grabdenkmal der
Familie der Grafen von Herberstein auf. In der Mitte
erhebt sich das prächtige, aus einem Blocke kararischen
Marmors gemeisselte Crucifix, beiderseits knieen jedoch die
lebensgrossen Gestalten, frei aus weissem Marmor gemeisselt,
von je 7 Töchtern und 7 Söhnen, von dem Stammvater
und der Stammmutter ausgehend. Die weiblichen Sprossen
sind in der Frauentracht des 16. Jahrhundertes, mit Baret
und Halskrause dargestellt, die Ahnfrau zeigt eine seltsame
frühmittelalterliche Vermummung, sie knieen auf Polstern,
die männlichen Sprossen sämmtlich in voller Rüstung, mit
dem Helm zu ihren Füssen. Das in seiner Art in Steiermark
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918