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schieleiten und in gleicher Axe taucht darüber am fernen Horizont
die mächtige Riegersburg auf, aber weiter schweift noch der Blick
bis Güssing in Ungarn und dem Gleichenherger und Stradner Kogel.
Um das Jahr 1377 starb das Geschlecht mit Friedlein von
Schilhnleyten aus. Die Sage knüpft an die Mauern dieser Burgveste
folgende Legende: Die letzten beiden Sprossen der Schieleitner, der
•ernste ältere Kadbod und der jüngere Bruder Friedlein waren
Jugend-gespielen
der schönen Gisela von Herberstein und hatten die Eltern
der Kinder schon frühe die Verlobung Radbod's mit Gisela beschlossen.
Aber immer mehr neigte sich die Gunst Gisela's dem fröhlichen
jün-geren
Bruder zu und als ihr einst in Gegenwart beider Brüder der
Beschluss der Eltern mitgetheilt wurde, da bekannte die schöne
Gisela offen ihre Liehe zu dem blondlockigen Friedlein. Da loderte
jedoch hell auf der Hass Radbod's gegen seinen begünstigten Bruder,
und er sann auf Rache. Nicht lange darauf waren die Brüder
heim-gekommen,
als Radbod Friedlein einlud, den mächtigen Eber zu
besichtigen, der im Keller in einem grossen Kessel gekocht wurde;
arglos folgte Friedlein dem Rufe des Bruders, aber als Friedlein
am Rande des Kessels stand, stiess ihn Radbod in die brodelnde
Fluth, die ihn sogleich verschlang. Der Kessel wurde sammt dem
Ermordeten sogleich im Keller vergraben. Radbod fand jedoch weder
Ruhe noch Rast und schenkte alle seine Güter dem Templerorden
zur Sühne des Brudermordes und zog sodann nach Palästina, von
wo an er verschollen blieb. Vor circa 92 Jahren fand man tatsächlich
in dem Keller der Burg einen riesigen eisernen Kessel mit dem
Gerippe eines Mannes. — Vom Templerorden kam die Burg an die
Pfeilberg, Ritter von Ruepp und später an die Rindscheidt, von
welchen sie wieder 1630 an Karl Graf Saurau und 1694 an Georg
Andreas Graf von Wurmbrand durch Kauf überging, welch Letzterer
am 13. März 1698 ein Fideicomiss errichtete, in Folge dessen
Schieleiten noch heute im Besitze dieses alten und ruhmvollen
Ge-schlechtes
ist.
2. Zur Ruine Neuhaus (siehe Seite 202), 35 Minuten,
weisse Markirung. Westlich an den Bauernhöfen Hofstadtier und
Wilfing vorbei, durch schattigen Wald über ein rauschendes
Bächlein, welches in vielen Cascaden sein klares Wässerlein dem
Thale zusendet, dann an Weingeländen hinauf, zur alten Ritter-
veste, 560 M. Seehöhe (Stubenberg 4 51 M.). Die trotzige Burg
mit ihren riesigen Mauern und dem gewaltigen Bergfried wurde
anfangs dieses Jahrhundertes durch einen Blitzstrahl zerstört,
wobei sich der Besitzer Graf Wurmbrand nur durch einen
Sprung aus dem Fenster das Leben retten konnte. Die Burg,
hoch über der finstern Feistritzklamm, auf einst fast unzu-
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918