Seite - 210 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
Bild der Seite - 210 -
Text der Seite - 210 -
— 210 —
ganze erste Burgaulage gebildet haben mag, dann folgt aber
noch, von trotzigen Mauern umschlossen, der langgestreckte
Bau der Burg, wie ihn Geschlecht auf Geschlecht erweitert
und verändert hat, bis Johann Maximilian Graf von Herber-
stein mit der Erbauung der prächtigen florentinischen Galerie,
die heute den Vorhof der Burg umschliesst, den Bau der
Burg beendete. An vielen lauschigen Waldwinkeln mit moos-
umwachsenen steinernen Ruhebänken und Tischen und sprudeln-
den Quellen vorbei, leitet uns unser Pfad zuletzt wieder zur
Feistritz, die wir auf kleinem Steg übersetzen und am Forst-
hause vorbei, bald die Strasse erreichen, die von Stubenberg
über Schloss Herberstein nach St. Johann und weiter ins
Feistritzthal führt. Bevor wir nach dem ganz nahen Dorfe
St. Johann weiter wandern, steigen wir den zuletzt in Felsen
gehauenen Burgweg hinauf und in 15 Minuten sind wir auch
vor den Thoren der Burg angelangt, deren Zugang durch einen
langgestreckten, reichlich mit Schiessscharten versehenen Wehr-
gang vertheidigt wurde.
Geschichtliches. Das Geschlecht der Herberstein zählt
nebst den Stubenberg und den Trautmannsdorf als das älteste der
noch blühenden steirischen Adelsgeschlechter. Der Sage nach soll
schon in der Schlacht am Lechfelde am 10. August 955 einer von
sieben Brüdern sich ausgezeichnet haben, der später die Stammburg
erbaute und davon den Namen Herberstein annahm; von allen Brüdern
hatte nur Einer Hosen getragen, die Uebrigen aber nur Bauernkitteln.
Urkundlich lässt sich jedoch mit Bestimmtheit nachweisen, dass
Anshelm Herberstein im Jahre 1165 auf dem Turnier zu Zürich
vom Baiernherzog Guelph IV. feierlich zum Ritter geschlagen wurde,
worauf er eine Reihe abenteuerlicher Kriegsfahrten unternahm. Von
Anshelm bis Otto I., der um das Jahr 1260 lebte, ist die Erbfolge
nicht bekannt, daher wird auch der Stammbaum der Herberstein mit
Otto I., von dem an sich lückenlos die Erbfolge nachweisen lässt,
begonnen. Die Stammburg kam vorübergehend in fremde Hände, dürfte
aber unter Otto I. wieder im Besitze der Herberstein gewesen sein.
Otto II. kämpfte 1322 in der Schlacht bei Miihldorf. Günther
von Herberstein heiratete die reiche und schöne Witwe Anna von
Tiefenbach auf Mayrhofen, woraus sich eine Reihe romantischer
Begebnisse entwickelte, die Seite 165 erzählt sind. Im Jahre 1409
belehnte Ernst der Eiserne Günther mit dem Wappen der Haag,
einem goldenen Pferdekummet im rothen Felde. Günther starb 1421
ohne männlichen Erben, worauf seine Vettern Georg und Andreas
sein Erbe theilten. Georg von Herberstein war einer der berühm-
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918