Seite - 215 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
Bild der Seite - 215 -
Text der Seite - 215 -
— 215 —
Maximilian Herberstein gegründeten Kloster der unbeschuhten
Augustiner an Stelle einer älteren erbaut und am 15. Mai
1672, in Gegenwart nahezu des ganzen steirischen Adels, mit
grossem Pompe von Wenzel Wilhelm Grafen Hofkirchen, Bischofs
von Seckau, eingeweiht. Die freundliche, in Kreuzform erbaute
Kirche besitzt einen prächtigen Tabernakel von kunstvoller
Boularbeit, der zu den besten derartigen Arbeiten des Landes
zählt. Aussen und am Friedhofe sind nicht weniger als siebzehn
Römersteine eingemauert nämlich sechs Inschriftsteine und eilf
mit plastischen Reliefdarstellungen, und zwar:
1. Nackte weibliche Gestalt, die Hände nach oben an Ringe
gebunden, die ein Mann mit der Ruthe züchtigt. 2. Minotauren im
Kampfe mit Löwen. 3. Löwe, einen fliehenden Hasen fassend. 4. Vase
mit Blumen und Zweigen, auf welchen Vögel sitzen. 5. Ceres mit einer
Getreidegarbe unter dem Arme. 6. Stein mit Laubornament.
7. Centauren im Kampfe mit einem alten Löwen, der
sein Junges vertheidigt, prächtige Arbeit. 8. Perseus, die
Andromeda befreiend. 9. Brustbild einer Frau mit Haube.
10. Brustbild von Mann, Frau und Tochter. 11. Brustbild von
Mann und Frau.
Dass schon im 13. Jahrhunderte hier eine Kirche sich
befand, geht aus einer alten Urkunde hervor, nach welcher
1260, Erzbischof Ulrich II. von Salzburg ecclesiam S. Joannis
prope Stubenberch den deutschen Ordensrittern in Graz übergab.
Das Augustinerkloster wurde 1787 auf den Aussterbe-Etat gesetzt
und starb im Jahre 1816 der letzte Augustiner als Pfarrer,
P. Gelasius Krenn. Von besonderem Interesse ist, dass der
berühmte Augustinermönch, P. Abraham a St. Clara, im
Kloster zu St. Johann von 1670—1 676 gelebt und bei
der Einweihung der Kirche (am 15. Mai 1672) die Fest-
predigt gehalten hat. Von hier wurde er als Hofprediger nach
Wien berufen.
Von P. Abraham a St. Clara erzählt man sich nachstehende
Anekdote, die sich in St, Jobann ereignet haben soll: Es i>t bekannt,
dass im hiesigen Kloster immer Esel gehalten wurden, deren
Auf-gabe
es war, namentlich das Fleisch von Pischelsdorf hieher zu tragen.
Da sassen eines schönen Sommertages die Klosterbrüder im
Refec-torium,
welches zu ebener Erde war, bei offener Tliiire beim
Mittags-mahle
beisammen, und P. Abraham unter ihnen. Auf einmal zeigten
sich zwei Eselsohren an der Thüre und der Esel machte Miene, in
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918