Seite - 249 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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allerdings sich sehr verringert hat, immerhin geniesst jedoch noch
der P öl lauer Loden einen guten Ruf, wie auch die Lederei und
Töpferei von Belang ist.
Pöllau ist eine der wichtigsten Mittelstationen für
den Getreidebau, und zwar zwischen Ungarn und dem
Mürzthale, und sind die Pöllauer Getreidepreise massgebend für
die ganze Gegend. Das Pöllauer Getreidemass ist das „Wecht" zu
16 Massl ä 4 Mass.
Schreiten wir vom Platze nördlich durch das Portal
des ebenerdigen Vorgebäudes, welches die Kirche von zwei Seiten
umschliesst, so stehen wir im Schlosshofe, welcher östlich
von der Fagade des vielleicht herrlichsten Gotteshauses der
Steiermark begrenzt wird.
Gründung und Baugeschichte der Kirche:
Ort und Pfarre erscheinen urkundlich 1163 zuerst erwähnt
und mag wohl Ende des 12. Jahrhundertes jenes unweit der jetzigen
Kirche gestandene Gotteshaus sich erhoben haben, welches erst circa
1716 nach Vollendung der neuen Stiftskirche abgerissen wurde.
Im Jahre 1482, am 6. December, erfolgte die Stiftung eines Klosters
von 24 Augustiner Chorherren durch den damaligen Besitzer des
Schlosses Pöllau, Hanns von Neuberg, und seiner Schwester
Elisa-beth,
Letzte ihres Stammes, doch wurde die Stiftung erst 1504
vollzogen. Die dem Stifte Vorau entnommenen Chorherren wählten
als ihren ersten Probst Ulrich von Trautmannsdorf. Aber erst der
kunstsinnige Probst Michael Josef Meister (1669—1696) plante nicht
nur den Ausbau des Stiftsgebäudes, sondern den Neubau der Kirche
in gewaltigen Dimensionen nach dem Vorbilde der Peterskirche in
Rom. Der edle, genial beanlagte Probst M. J. Meister erlebte jedoch
nur die Vollendung des Stiftsgebäudes, welches durch seine
zier-lichen
Bogenhallen, den reizenden originellen Treppenanlagen und
dem reichen Freskenschmuck seiner inneren Räume, als eine
be-deutende
künstlerische Schöpfung betrachtet werden muss. — Aber
erst unter seinem Nachfolger Johann Ernst von Ortenhofen wurde
der Bau der neuen Stiftskirche, zu welcher die Erbschaft von
150.000 fl. zweier in das Stift eingetretener Herren von Werteisberg
in erster Linie den Baufond lieferte, begonnen, und zwar unter dem
Baumeister Joachim Karion (Carlon), Glied einer zuerst im 16.
Jahr-hundert
in Italien auftretenden, sodann aber als Maler, Bildhauer
und Architekten über ganz Oesterreich und Italien sich verbreitenden
berühmten Künstlerfamilie. — Im Jahre 1701 wurde mit dem Bau
begonnen und 1709 war derselbe unter Dach gebracht. Die
male-rische
Ausschmückung wurde anfangs dem mehrfach in Steiermark
beschäftigten Künstler Antonio Maierna übertragen, als jedoch der
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918