Seite - 250 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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wahrscheinlich um das Jahr 1670 in Pöllau gehorne Mathias von
Görz, Sohn eines gegen die Türken gefallenen Kriegers, der im
Stifte erzogen und vom Probst M. J. Meister 1686 nach Graz und
1692 nach Italien zur Ausbildung in der Malerei, für welche der
Stiftszögling aussergewöhnliche Begabung zeigte, gesandt worden
war, um das Jahr 1700 heimkehrte, übernahm dieser geniale Künstler
anfangs mit Materna gemeinsam, später aber bald allein die
Aus-schmückung
der ganzen Kirche mit wundervollen, in Composition wie
im Colorit gleich meisterhaft behandelten Fresken, die lebhaft an die
venetianische Schule erinnern. Wie die Chronographica entnehmen
lassen, wurde 1712 zuerst die Kuppel bemalt, das Gewölbe des
Presbyteriums 1715 und hierauf 1718 das Gewölbe des Schiffes.
(„Von ersten May bis zu Ende des Monat November ist diese Mahlerei
des Gewölbes verfertigt von G. Mathias von Görz 1718"). — Im
Jahre 1732 wurde noch die Sakristei mit Fresken geschmückt. Am
13. August 1731 starb der Künstler und wurde in der Stiftsgruft
unter der von ihm so wundervoll geschmückten Kirche beigesetzt.
Prälat Ortenhofen benedicirte die Kirche am 12. Juni 1716,
con-secrirt
wurde sie erst spät durch Bischof Graf von Waldstein 1804.
— Im Jahre 1785 wurde das Stift, das damals 29 Chorherren zählte,
unter dem Prälaten Maria Anton v. Rain aufgehoben und die Pfarre
mit Weltpriestern besetzt,
Baubeschreibung: Die auf eine mächtige Innenwirkung
berechnete Kirche ist einschiffig und mit einem halbkreisförmigen
Altarraum abgeschlossen, zwischen Schiff und Altarraum ist ein
Kreuzgewölbe, welches sich beiderseits in zwei halbkreisförmige
Ausbauten öffnet, und über welchen sich die 37 '/2 M. hohe, 13-35 M.,
breite Kuppel erhebt, eingeschoben, so dass dem Beschauer, wenn
er bei dieser Kreuzung angelangt ist, nach allen Richtungen
über-wältigende
Raumverhältnisse entgegentreten. „Das Innere wirkt
wie die vaticanische Peterskirche in verjüngtem
Mass-stabe."
Iclikennein der That keine Schwung- und
mass-vollere,
keine getreuere und zugleich selbstständigere
bauliche Remini s cenz an dieselbe al s diese, so schreibt
ein geistvoller, weit gewanderter Kunstkritiker über
den herrlichen Kuppelbau. Beiderseits des Schiffes befinden
sich noch je drei Kapellenräume. Ober dem Eingange, am Westende
der Kirche erhebt sich auf 4 Pfeilern und 6 Kreuzgewölben der
jetzt als Musik-Empore dienende Betchor der Chorherren. Yon den
zwei Thürmen, die die Westfafade schmücken sollten, ist nur der
südliche, in dreifacher Etage aufsteigend und sodann vom Viereck
ins Achteck übersetzend, ausgeführt worden. — Unter dem
Pres-byterium
der Kirche befindet sich die von Aussen zugängliche 25 M.
lange und 3 M. breite Gruft der Chorherren. Was die Dimensionen
dieser Kirche betrifft, die mit jenen der Herz Jesu-Kirche in Graz
in merkwürdiger Weise übereinstimmen, so finden wir: äusserste
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918