Seite - 283 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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den Mittelpunkt der Stadtbefestigung und gehörte der Stadt, der
Bürgerschaft und wurde bei Kriegsgefahr von einer „Rotte" besetzt,
wie auch hier hei diesem Anlasse die Stadtprivilegien etc.
einge-mauert
wurden. Zwei unterirdische Gänge führten von ihm aus in's
Freie. Die Verbindung der Kirche mit diesem Thurm muss jedoch
jedenfalls vor 1680 erfolgt sein, da die Vischer'sche Stadtansicht
aus diesem Jahre schon deutlich diesen Thurm, an der Westfa^ade
der Kirche aufstrebend, zeigt. Bei dem Umbaue von 1756, dem der
früher über der Vierung aufragende alte Kirchthurm zum Opfer fiel,
erhielt der Thurm auch seine heutige Gestalt, und zählt die schöne
Thurmkrone, nach deren Muster der Grazer Stadtpfarrthurm 1781
gebaut wurde, als eine mustergiltige Construction zopfiger
Thurm-bauten.
Im Innern zeigt sich im Mittelschiffe noch ein späthgothisches
Netzgewölbe. Die Hallen der Seitenschiffe wurden 1772 von Mölk
flüchtig mit Fresken ausgemalt. Die vielen, meist überladenen Altäre
sind Schöpfungen üppigsten Zopfstyls. Das schöne
Hochaltar-blatt
stammt von der Meisterhand Hackhofers. In der
Kirche mehrere Grabsteine der Steinpeiss aus dem 17. Jahrhundert.
Römer steine: Bei der Einfahrt in den Pfarrhof, linker Seite
be-findet
sich ein Römerstein mit der Inschrift: Finitus. Ac. Cepti. An.
L. GRP. ELVIMÄ. S. V. FT.. S1B. Ausser der Kirche, oben beim
Eingange in die Sakristei, mit dem Brustbilde eines Mannes in der
Toga mit der Unterschrift: ET. SACRETIO F1NITO ANN. XXX. Diese
beiden Steine gehören zusammen, und bilden eine Grabschrift, welche
lautet: „Finitus des Aceptus Sohn, 50 Jahre alt (und) die Gattin Cirp
Eluima (haben diesen Grabstein) sowohl sich, als den Sacretius Finitus,
30 Jahre alt, (gesetzt)." Auf der anderen Seite der Sakristei ist ein
Römerstein eingemauert mit den Brustbildern von Mann und Frau,
in deren Mitte ein Kind, mit der Inschrift: Tl. JULIUS AU1TUS.
ET. CAIXU. RANTILLI. F. U. F. SIB TI. IULIO. JPNNAMO AN.
IX. = ..Tiberius Julius Avitus und (die Gattin) Cayxu, Tochter Rantills
(haben diesen Grabstein sich und) dem Tiberius Julius Parnamus, 9 Jahre
alt (gesetzt)." Die Namen Cirp, Caixu und Rantill sind eingeborene
keltische Namen. Weiters befindet sich an der Aussenwand der
Rumpel-kammer
der Kirche noch ein stark verstümmeltes Relief mit drei
nackten, hüpfenden Gestalten.
Südlich der Kirche erhebt sich der romanische
Karner, welcher ehrwürdig aus altersgebräunten Quadern
aus Muschelkalk gefügte Bau, seiner räumlichen Ausdehnung
nach, wie auch mit Bezug auf seinen architektonischen Schmuck,
zu den bedeutsamsten romanischen Rundbauten der
österreichischen Monarchie zählt.
Die Todtenkapelle, welchem Zwecke die Karnerbauten
dienten, besteht aus einem Rundbau mit östlich angefügtem Kreis-
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918