Seite - 315 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
Bild der Seite - 315 -
Text der Seite - 315 -
— 315 —
Fürstenfeld „lutherisch", ja es wurden in diesem Jahre vom Magistrate
der Stadt sogar die Augustinermönche vertrieben, wie auch zwei
Pfarrer von Fürstenfeld lutherische Prediger wurden, und zwar
Max Weilhauser (1556) und Thomas Mylius (1571). Mit der
gewalt-samen
Massregelung der Bürger durch die unter starker Bedeckung
das Land durchziehenden Gegeureformations - Commission, die am
6. Mai 1600 hier anlangte, erlosch, nachdem Viele zähe an der
neuen Lehre hängende Bürger der Heimat für immer den Rücken
kehrend, über die ungarische Grenze gewandert waren, auch liier die
neue Lehre. — Kaum waren aber die Reformationswirren überstanden,
als mit den nun beginnenden Einfällen der ungarischen Malcontenten
und Insurgenten, im Vereine mit Türken und Tartaren, den
steiri-,
sehen Grenzlanden eine neue Gefahr drohte. So verheerten 1605
diese Schaaren unter Botskai und Betlilen Gabor das Raab- und
Ilzthal, während der Haiduckenfiihrer Georg Nemethy u. a. auch
Fürstenfeld eroberte, gänzlich ausplünderte, und zuletzt niederbrannte,
namentlich wurden dabei auch die Kirchen verwüstet. Bei diesem
Anlasse müssen auch die Rathsprotokolle und das ganze Stadtarchiv
verbrannt sein, da die vorhandenen Rathsprotokolle durchwegs erst
mit dem Jahre 1605 beginnen. — Im Jahre 1625 begann ein
charak-teristischer
Rechtsstreit zwischen dem Magistrate und Hans Wilhelm
von Mindorf, der beweist, wie zähe die Bürger ihre Privilegien zu
hüten wussten. Mindorf hatte von einem Bürger ein Haus gekauft,
der Magistrat verweigerte ihm aber rundweg die Besitzergreifung
des-selben,
da er fürchtete, dass der adelige Herr von Mindorf daraus
ein Freihaus machen und keine Steuern und Abgaben davon leisten
wolle, und trug dem Verkäufer auf, den Kauf bei 100 Dukaten
Strafe und sonstiger Stadtverweisung mit Weib und Kind,
rück-gängig
zu machen. Mindorf erbot sich vergeblich, alle Abgaben zu
tragen und den Bürgereid zu leisten, man schlug seinem Diener
das Stadtthor vor der Nase zu und der Magistrat lehnte jede
Ver-handlung
ab, bis Mindorf des Streites müde, das gekaufte Haus,
ohne je in seinen Besitz gekommen zu sein, wieder verkaufte. —
Im Jahre 1641 begann der Streit zwischen der Stadt und der
bathv-anischen
Herrschaft Güssing, um die sogenannten Bauiglgriinde,
welche früher zu Steiermark gehörten, aber durch Aenderung des
Bettes der Lafnitz, jenseits dieses Grenzflusses zu liegen kamen.
Dieser Streit, der zu vielen blutigen Händeln Anlass gab, endete
erst nach 78 Jahren mit dem Vergleiche vom 29. März 1719. Im
Jahre 1644 und 1652 verheerten grosse Brände die Stadt.
Wieder-holt
kamen von Graz Befehle zur Verproviantirung der Stadt, wie
auch die Bürger stets im Exerciren sich üben mussten. Mit Rücksicht
auf den drohenden Türken-Einfall wurde die Garnison, die meist
aus schwerer Cavallerie bestand, beträchtlich vermehrt. Als im Jahre
1663 die Anzeichen eines grossen Türkeneinfalles sich mehrten,
wurde beschlossen, mittelst Sammlung am Hauptplatze eine Marien-
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918