Seite - 316 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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säule, welche vom Bildhauer Fellner in Hartherg gemeisselt wurde,
zur Anwendung der Türkengefahr zu errichten. In diesem Jahre
mussten auch auf Befehl des Hofkriegsrathes das in der Grazer
Vorstadt gelegene Schloss Falbenegg, sowie sämmtliche Häuser der
Grazer Vorstadt, nebst den dieselben umgebenden Mauern demolirt
werden. Aber erst im nächsten Jahre setzten sich die türkischen
Heeresmassen in Bewegung und zwar allmählig gegen den
Raab-fluss.
Aber auch die kaiserlichen Truppen im Vereine mit dem
Reichsheere und dem französischen Hilfscorps zogen sich um
Fürsten-feld
mehr und mehr zusammen, und wohl kaum je zu einer anderen
Zeit mag hier ein so reges Leben geherrscht haben, aber
anderer-seits
hatte auch die Stadt durch die Brutalität einzelner Heerführer
viel zu leiden, doch vertheidigte der Stadtrichter Ackermann im
Vereine mit dem Magistrate energisch die Rechte und das Ansehen
der Bürger. Endlich am 1. August kam es bei Moggersdorf nächst
Gotthard, wenige Stunden von Fürstenfeld, zu der bekannten
Ent-scheidungsschlacht
(siehe Seite 30), welche nach wechselvollem
Ver-lauf
mit einem vollständigen Siege der christlichen Ht'ere endete.
Mit Bangen hörten die Bürg®- auf den Wällen der Stadt den Donner
der Kanonen und das Getöse der Schlacht, die auch über ihr
Schick-sal
entscheiden sollte, und begeisterter Jubel folgte daher der Kunde
von ihrem Ausgange. Aber eine Seuche, die von dem Schlachtfelde
sich verbreitete, folgte den abziehenden Heeren und wii'thete bis
November in der Stadt und Umgebung.
Im Jahre 1677 forderte der berüchtigte Feldbacher Hexen
-process
auch in Fürstenfeld mehrere Opfer, die theils am
Scheiter-haufen
endeten, theils der mit äusserster Grausamkeit angewandten
Tortur erlagen. Als im Jahre 1679 die Pest sich der Stadt näherte,
wurden Wallfahrten angeordnet und wurde am Eck des Stacltwaldes
eine Pestsäule errichtet. Eine Reihe furchtbarer Unglücksfälle traf
die Stadt im Jahre 1683. Am 13. Juni um 3 Uhr Nachmittags
schlug der Blitz in den Pulverthurm, entzündete die hier
ge-lagerten
250 Centner Pulver und wurde durch diese Explosion die
Stadt in furchtbarer Weise verwüstet. Aber schon acht Tage später
schlug der Blitz neuerdings in ein Haus in der Stadt ein und
brannten acht Häuser am Hauptplatze nieder. Zu diesen
Unglücks-fällen
gesellte sich noch der Schreck vor dem drohenden Einfalle
der ungarischen Insurgenten im Vereine mit türkischen Truppen.
Und schon am 17. Juli erschienen die ersten Rebellenhaufen in der
Umgebung der Stadt und brannten mehrere Mühlen und Meierhöfe
nieder, worauf zur grössten Bestürzung der Bürger die Garnison der
Stadt nach Hartberg abzog. Aber bald kamen neue Truppen in
Garnison und die Stadt setzte sich nach Kräften wieder in einen
wehrhaften Zustand. Die Rathsprotokolle wurden nach Graz gesandtund
in einem Keller des bischöflichen Palais, die Stadtprivilegiumsurkur.den
in zwei Truhen jedoch beim Bildhauer beim eisernen Thor in einem
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918