Seite - 324 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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der Stadt erhebt sicli das grosse aber schmucklose Gebäude
der Commende mit malerischen, von Arcaden umschlossenen
Hofanlagen, und daran anstossend die Pfarrkirche, welche
früher zwei Thürme hatte, einen an der Westfront und einen
an der Südfront, wovon ersterer bei dem 1773 — 1779
erfolgten Um- und Erweiterungsbau der alten gothischen Kirche
demolirt wurde, während der südliche Thurm nun in das Schiff
der Kirche einspringt. Im Innern zeigt sich die Kirche als eine
geräumige barocke Hallenkirche mit einem Haupt- und sechs
Nebenaltären, welche durch die meist nach den Plänen des
bestbekannten Architekten Robert Mikovics 1879 ausgeführte
Restaurirung sehr gewonnen hat. An den 4 Oratorien die
Wappen von 4 Ordens-Commandeuren. Von den 4 Glocken
zeigt die älteste die Jahreszahl 1643.
Der Kirche gegenüber erhebt sich einerseits das zwei
Stock hohe Gebäude der fünfclassigen Volksschule und
andererseits östlich, ein ganzes Stadtviertel einnehmend, die
grossartige Anlage der k. k. Tabak - Hauptfabrik,
ein Areal von über 6 Hektar bedeckend, als weitaus be-
deutendstes industrielles Etablissemeut der nordöstlichen
Steiermark.
Tabak-IIaupt-Fabrik: Im Jahre 1776 wurde vom Staate
das fürstlich Paar'sche Schloss angekauft und daraus die derzeitige
Tabakfabrik erbaut, welcher Umbau 1780 vollendet war; die Fabrik
hatte damals 32 deutsche Spinner, 14 ungarische Spinner, 11
Packel-binder,
5 Presser und 6 Rollenbäcker, somit zusammen 68 Arbeiter.
Das jährliche Einkommen der Tabakspinner betrug 50 fl. — Im
Februar 1812 machten die Fabriksarbeiter Strike, behufs
Lohn-erhöhung.
Im Jahre 1839 wurde das grosse Blätter-Magazin in der
Ungar-Vorstadt erbaut und 1859 der 100 Klafter lange
Tabakblätter-Schoppen
an dieses Magazin angebaut, der jüngst gänzlich umgebaut
wurde. Im Laufe der Zeit derartig fortwährend vergrössert, besteht
die gewaltige Fabriksanlage dermalen aus 20 Objecten auf einem
Areale von circa 6 Hektar, und ist das Fabriks- mit dem
Ungar-magazins-Territorium
mittelst einer im Jahre 1884 erbauten eisernen
Brücke, welche eine Länge von 66 M., eine Breite von 2 M. und
20 M. Höhe über dem Stadtgraben besitzt, verbunden. Ausserdem
gehört zur k. k. Tabak-Hauptfabrik das sogenannte
Josefi-Kapellen-Magazin
in der Grazer Vorstadt. In der Fabrik befinden sich ein
artesischer Brunnen und eine Wasserleitung, die alle
Gebäulich-keiten
der Fabrik und der Ungar-Magazine durchzieht. — Im Jahre
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918