Seite - 361 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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Kräfte zu besitzen, Schauer, (Hage]) und Wetter gemacht zu haben
und durch die Luft geflogen zu sein, wie andererseits es unerklärlich
ist, dass an der Schwelle des IS. Jahrhunderts bei den vielen bei
der Urtheilsschöpfung und der Urtheilsbestätigung betheiligten
hoch-gelahrten
Richtern nicht ein einziger Manne des gesunden
Menschen-verstandes
schützend eintrat für die Bethörten und Verblendeten, und
gerade gegen diese meist hochbejahrten Opfer mit äusserster Strenge
vorgegangen wurde, während die Verführer meist frei ausgingen, mit
Ausnahme des Urhebers aller dieser Hexengesellschaften, des
Pfar-rers
zu Hatzendorf, Agricola.
Die Hexengesellschaften nahmen ihren Ursprung im Huberhofe
bei Riegersburg um das Jahr 1672, wo Hauptpfarrer Zirkelius mit
seinen drei Vicaren zu Hatzendorf, Paldau und Hartmannsdorf
Zusammenkünfte hielt, bei welchen die damals in ganz Europa
auf-tauchenden
Fragen der geheimnissvollen Naturkräfte, welche zu dem
seltsamen Mysticismus führten, welcher nahezu das ganze 17. und
18. Jahrhundert an den Höfen des Continentes eine so grosse Rolle
spielte, Gegenstand eifrigster Erörterung bildeten.
Gewiss fehlte damals dem Hauptpfarrer wie seinen beiden
Vicaren zu Paldau und Hartmannsdorf jede böse Absicht, und erst
der unheilvolle Einfluss des Pfarrers Agricola zu Hatzendorf, der,
durch und durch sittenverderbt, ein Verspötter seiner Religion und
blinder Gläubiger des Teufelscultus, der Allmacht des Bösen, war,
zog auch diese Kreise in den Bannkreis seiner Verführungskünste.
Diesen Trinkgelagen wurde bald auch weibliche Gesellschaft
bei-gezogen,
allerdings vorerst wenig verführerische alte Weiber, mit
deren Hilfe jedoch der Kreis der Gesellschaft sich bald erweiterte.
Namentlich waren es zwei Familien der Hatzendorfer Pfarre, die den
Grundstock der späteren nächtlichen Gesellschaften in den Wäldern
an Wegkreuzen bildeten, und zwar die Familie Kropf und die Familie
Kren, erstere aus Vater (Richter zu Oberstang), Sohn, Eheweib
(und drei Töchtern), letztere aus Hanns und Leonhard, Eva die ältere,
und Eva Kren die jüngere bestehend, zu welcher noch die alte
Stesslin, die Stindlin und die Ursula Peuerin von Lambach, der
70jährige Zotter und der 40jährige Hans Pugl kamen. Alle waren der
Ueberzeugung, sich durch Verleugnung der heiligen Dreifaltigkeit.
Ent-heiligung
der Hostie, Verschreiben ihrer eigenen Seele oder jener eines
ihrer Kinder an den Teufel, welchesVersprechen durch das Tenfelszeichen
(eingekratzte Ritze in der Hand oder am Körper überhaupt) besiegelt
werden musste, die Macht des Bösen, des Teufels, dienstbar machen
und sodann Hexerei üben und namentlich ihren Feinden Schaden
zufügen zu können. Bei diesen nächtlichen Zusammenkünften, welche
immer weitere Kreise umfassten, wurde gar herrlich getafelt, getanzt
und juliilirt, aus einer hohlen Eiche Wein gezapft, und zuletzt die
trunkenen Weiber in Schaukeln oder auf eine Art Ringelspiel gebracht,
so dass sie nachher die feste Ueberzeugung hatten, sie wären durch
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918