Seite - 364 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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die Regierung tragen würde. Die Excommunicatiou Agricola's als Ketzer,
Apostat, Zauberer, Hexenmeister und Gottesräuber musste der Pfarrer
von Feldbach von der Kanzel verkünden.
Aber nocli war mit den Hinrichtungen der letzten in Haft
befindlichen Theilnehmer der Hexengesellschaften der langwierige
Process nicht beendet, vielmehr erfasste derselbe plötzlich auch jene
Kreise, die bisher von allen Verurtheilten und Hingerichteten geschont
wurden. Jacob Pugl bezichtigte eben in letzter Stunde, zwei Tage
vor seiner Hinrichtung, aus Rache verschmähter Liebe, die Katharina
Kropf der Theilnehmerschaft an den Hexengesellschaften am 1. Juli 1672
und 9. Juni 1673, und diese rächte sich wieder dafür, dass sie Pugl's
Muhme, die alte Bäckerin von Riegersburg, gleichfalls der
Theil-nahme
der Hexengesellschaften anklagte. Der Verwalter von
Riegers-burg
spannte beide Bezichtigte sogleich auf die Folter und erpresste
ihnen mühelos nicht nur die gewünschten Geständnisse, sondern auch
neue Anklagen gegen die Schwester der Katharina Kropf, der schönen
Maria Kropf, dem jungen Weibe des Schulmeisters Maurer, und der
Pflegerin von Riegersburg, Katharina Paltauf, und am 7. Mai waren
Beide schon in Haft gebracht. Die alte Bäckerin wurde am 9. Juni 1675
gerichtet. Dafür kamen aber wieder zwei alte Weiber in Riegersburg,
die Ursula Kochin, herrschaftliche Köchin, und die Schneidersfrau,
die Grünwaldin, in Haft und bekannten sich, von dem fanatischen
RegieruDgscommissär Calucci auf die Folter gelegt, der
Theilnehmer-schaft
schuldig, während die Paltaufin hauptsächlich auf die drei Vicare
zu Paldau, Fehring und Hartmannsdorf und die schöne M a u e r i n
aussagte. Letztere, die einzige edle Gestalt unter allen Angeklagten,
war nur zweimal auf Andrängen ihrer Eltern und Geschwister bei
diesen Hexenversammlungen ohne jede böse Absicht anwesend und
ihr keuscher Sinn trieb sie zu jedem verlangten Geständnisse, nur
um die Entblössung ihres so schönen Körpers bei der peinlichen
Befragung zu vermeiden, womit sie auch die geheimen Pläne der
auf das reizende jugendfrische Weib lüsternen Commissäre
durch-kreuzte.
Was die Pflegerin Paltauf betrifft, so gibt ihr ganzer Process
nicht den geringsten Anhaltspunkt zu der Annahme, ihre Kunst, im
Winter Blumen zur Blüte zu bringen, hätte sie auf den Scheiterhaufen
gebracht, vielmehr war es ausschliesslich nur ihre Anwesenheit und
Mitwirkung bei den Hexengesellschaften, welches ihr wie allen Anderen
den Tod brachte.
Am 23. September 1675 flammten nochmals die Scheiterhaufen
um die letzten Opfer Agricola's, die Pflegerin Katharina Paltauf,
die Thorwarthin Edlingerin, die Schneiderin Grünwaldin und die
schöne Maria Mauerin, welche sämmtlich vorher mit dem Schwerte
gerichtet wurden. Wie wenig aber damals mit Feuer und Schwert
der Hexenirrglaube zu bekämpfen war, beweisen die 14 Jahre später
im angrenzenden Gleichenberg in noch weit grösserer Zahl
sum-marisch
durchgeführten Hexenprocesse, die in ihrem Charakter mit
den Feldbacher Processen vollkommen identisch waren.
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918