Seite - 369 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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hatte, so dass nun in der Schlosskapelle täglich Gottesdienst
ge-halten
wurde.
Im Jahre 1747 errichtete Freiherr Franz Leopold v. Stadl
ein Fideicommissgut, welches auch Kornberg umfasste.
Nach dem Tode des letzten Fideicommissbesitzers Georg
Frei-herrn
v. Stadl, der 1815 die Schlosscaplanei einstellte, am 26.
Sep-tember
1822, kaufte Johann Josef Fürst Liechtenstein die
Herrschaft um 83.000 fl. C. M. und vergrösserte wesentlich den
Besitzstand. Im Jahre 1871 ging Kornberg jedoch wieder durch Kauf
an den jetzigen Besitzer Charles Graf Bardeau über, welcher
die früher erwähnte Muster-Oekonomie, und aus dem Schlosse einen
der reichst eingerichteten Edelsitze der nordöstlichen Steiermark schuf.
Hier wurde am 30. September 1836 der Architekt August
Ort wein als der Sohn des Fürst Liechtenstein'schen Rentbeamten
Josef Ortwein geboren. Ortwein absolvirte in Graz die technische
Hochschule, wurde hierauf kurze Zeit Assistent an derselben, kam
aber dann an die Akademie in Wien, wo • er unter Van der Null,
Siccardsburg und Friedrich Schmidt studirte und 1863 den
Rosenbaum'schen Preis erhielt. Im Jahre 1864 kam Ortwein nach
Graz und trat in das Atelier Essenwein (jetzt Director des
germani-schen
Museums in Nürnberg) ein. Im Jahre 1865 vermählte sich
Ortwein mit Louise Koberer. Im Jahre 1866 erhielt Ortwein einen
Ruf als Professor der Architektur an die Kunstgewerbeschule in
Nürnberg, wo er bis 1873 wirkte. In dieser Periode entstand das
grossartig angelegte Werk „Die deutsche Renaissance", welches
im Verlage von E. A. Seemann in Leipzig lieferungsweise erschien.
Mit diesem Werke, welches in erster Linie die von Ortwein selbst
aufgenommenen , interessantesten Denkmäler der Renaissance in
Deutschland, und namentlich in Nürnberg umfasst, wurde die Bahn
für die ganze Fluth derartiger kunstgewerblicher Sammelwerke, mit
welchem heute der deutsche Büchermarkt überschwemmt wird,
ge-brochen.
Ortwein gebührt jedoch das unbestreitbare Verdienst, mit
diesem grossen Sammelwerke zuerst die Kunstfreunde auf die Fülle
mustergiltiger Arbeiten deutscher Renaissance aufmerksam gemacht
zu haben. Das Werk war bis, zum Rücktritte Ortweins von der
Redac-tion
1878 auf 78 Lieferungen gediehen.
Im October 1873 wurde Ortwein als Director der neu
errich-teten
k. k. Staatsgewerbeschule nach Graz berufen, wo er bis 1878
als solcher höchst verdienstlich wirkte. In diesem Jahre trat in Folge
Ueberanstrengung bei dem vielfach beschäftigten Künstler ein heftiges
Nervenleiden auf, welches ihn zwang, durch volle drei Jahre sich
jeder Arbeit zu enthalten, und seinen Uebertritt in den Ruhestand
veranlasste. Vom Jahre 1881 begann jedoch, von immer seltener
auftretenden Rückfällen unterbrochen, die Wiedergenesung des so
reich begabten, genialen Künstlers, der heute seine
erstaunens-werthe
Schaftüngskraft vollends wieder erlangt hat. Ausser zahllosen
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Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918