Seite - 382 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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Wappen der Wechsler. Zu beiden Seiten der schildtragendenThiere
sind Brustbilder (Medaillons) von Kaiser Ferdinand II. und Gemahlin
angebracht. Ueber alle diese Sculpturen aus weissem Marmor breitet
ein Engel seine Fittige aus. Eine Reihe zu oberst aber noch uns
entgegenstarrender Schiessscharten zeigt, dass man bei Erbauung
dieses Prunkthores auch auf seine Verteidigung bedacht war. Ist
dieses Thor passirt, so befinden wir uns in einem schmalen Hofraum,
der steil zum letzten Burgthor, dem Hausthore hinaufzieht. Zur Linken
zeigt sich ein mächtiges, mit gewaltigen Riegeln bewehrtes Thor,
welches zum Eselsteig hinabfuhrt. Der Fahrweg zieht zwischen zwei
Reihen von je 25 in den Felsen gehauenen Stufen hinan. Ober dem
Thore (Wenzeslausthor) ist ein gedeckter nach rückwärts offener
Gang für Kanonen, die den weissen Gang und das ganze obere
Plateau beherrschten. Diese Gallerie sammt dem anstossenden
Boll-werk
war ehemals mit 24 Kanonen und zwar 8 eisernen und 16
me-tallenen
armirt. Von diesem Thorgebäude zieht sich eine kurze Strecke
östlich und dann nördlich unter einem rechten Winkel ausspringend,
ein Felsenwall zwischen den dem 6. und 7. Thore vorliegenden
Felsen-gräben
dahin. Am Ende desselben stehen grosse Mauerreste des
einstigen Pulverthurmes, der an dieser Stelle sehr sicher angelegt
war. Auf diesem Walle wurden auch im Jahre 1848, als man einen
Einfall der Ungarn fürchtete, 2 Kanonen aufgeführt.
Innerhalb des Wenzelsthores lagen links das Officiersquartier
und weiter aufwärts die' Rüstkammer, an deren Bestimmung jedoch
nur mehr das hübsche Schlüsselschild, einen Landsknecht
vor-stellend
, erinnert. Auch dem 7. Thore ist ein ganz in Felsen
ge-hauener
Graben von ebenso riesigen Dimensionen, wie der erste
Graben, vorgelagert. Dieser Graben, welcher gleichfalls die ganze
Hochburg an ihrer einzig angreifbaren Süd- und Ostseite umzieht,
war der Wassergraben, im Gegensatze zu dem ersten Graben, dem
„drucknen" Graben. Nur der Umstand, dass der Graben ganz
im Felsen gehauen ist, macht es einigermassen erklärlich, dass es
möglich war, ihn mit Wasser zu füllen. Eine Zugbrücke führte über
dem Graben zum letzten, stark mit Eisen beschlagenen Thore, auf
welchem eine trotzige Landsknecht-Gestalt gemalt ist. Auch dieses
Thor ist heraldisch, und zwar wieder nur mit dem Wechsler'schen
Wappen geziert und hat die Ueberschrift:
Jesus und Maria sey mit mir!
Katharina Gallerin Freyin, geborne Wechslerin, Freyin Frav zum Stain
Kiegliherspvrg und Liechteneckd.
Wyttib anno 1653.
Ober dem Thore belebt noch ein Erker die Fa^ade des
Thor-gebäudes,
über welchem auch das einzige Thürmchen der Riegersburg,
das sich über der Kapelle erhebt, in überaus bescheidenen
Dimen-sionen
aufstrebt. Das ursprüngliche Thürmchen wurde 1799 durch
Blitz zerstört, das neu erbaute ist weit niedriger als das ursprüng-
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918