Seite - 383 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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liehe und gereicht der Burg kaum zur Zierde. Rechts längs des
Wassergrabens liegt die ehemalige Waffenschmiede. Dieser schmale,
steil ansteigende Hofraum, welchen die zur Rechten aus dem
Felsen-graben
aufsteigenden uralten Laubbäume eine ungemein malerische
Staffage verleihen, zeigt nach allen Seiten die herrlichsten
architek-tonischen
Perspectiven. Haben wir die Thorhalle des Hausthores
durchschritten, so betreten wir endlich die eigentliche Hochburg,
ein zwei Höfe umschliessendes rechteckiges Gebäude, welches den
von Süd gegen Nord ansteigenden Burgfelsen, der nach West und
Nord senkrecht abstürzt, so theilweise überhängt, krönt. Mit äusserster
Kühnheit folgt der gewaltige Bau dem Terrain, immer auf den
äussersten Rand des Felsens hinausgebaut, nicht selten auf
Fels-klüfte
überbrückende Gewölbe fundirt. Die Burg zählt 108 Fenster
und hat 2 Säle, 34 Wohnzimmer, 4 Cahinete, 8 Gänge, 9 Yorsäle,
13 Kammern, 4 Küchen, 10 in den Felsen gehauene Keller, Arreste,
eine gotliische Kapelle u. s. w., im Ganzen 150 Räume. Mit der
Errichtung des Fürst Liechtenstein'schen
Secundogenitur-Fideicum-misses
und der Bestimmung Holleneggs zum Familiensitz kamen
schlimme Zeiten für die Riegersburg, deren gewaltiger
Gebäude-Complex
bald mehr und mehr in Verfall gerieth. Aber nicht nur
die Mauern zerbröckelten an allen Ecken und Enden, sondern auch
die Rüstkammer, die Kapelle und alle Innenräume des Schlosses
leerten sich allmälig meist zu Gunsten der Schlösser Hollenegg und
Sebenstein, und namentlich nach Aufhebung der Patrimonialgericlite
bedrohte die stolze Burgveste ein rapider Verfall. Ueber Intervention
der Ober-Fideicommissbehörde und namentlich der tatkräftigen
Verwendung des damaligen Feideicommiss-Anwärters Fürst Alfred
Liechtenstein begann jedoch um das Jahr 1872 unter der
gewissen-haften
und kunstverständigen Leitung des fachwissenschaftlich als
Architekt gebildeten Gutsverwalters Victorin Pfisterer, eine
durchgreifende Restauration der ganzen Burgveste, und zwar mit
einem durchschnittlichen Kostenaufwande von jährlich circa 2000 fl.,
die die Riegersburg wohl für immer dem Verfalle entrissen hat.
Der Castellan führt die Fremden meist zuerst rechts auf
den Aussichtsbaieon, um ihnen die herrliche Augenweide der
von diesem Punkte sich erschliessenden bezaubernden Rund-
schau zu verschaffen. Von hier geleitet nun der Castellan den
Wanderer in die Schlossräume, mit nachstehender Reihen-
folge. Durch den ersten Schlosshof in den zweiten, zu den
von einer prächtigen schmiedeisernen Laube überdeckten
alten Ziehbrunnen, wo dem Besucher die Aufgabe gestellt
wird, das in der Brunnenkrönung eingeflochtene Hufeisen zu
suchen. Der Brunnen ist 27 Meter tief im Felsen gehauen
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918