Seite - 415 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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Nach Dorf Tr au tm annsdorf, 30 Minuten. Vom Hotel
Stadt Mailand, hinab die Strasse, dann rechts durch eine Eschenallee,
zuletzt durch Wald zum Gasthaus Taferl (Stangel) auf der,
Glei-chenberg
von Trautmannsdorf scheidenden, Hügelwelle; beliebter
Ausflugsort, gute Küche. Von hier hinab und jenseits hinauf nach
dem freundlichen Pfarrdorfe Trautmannsdorf, der Wiege eines der
ältesten und ruhmvollsten steirisehen Adelsgeschlechter, dessen
Stamm-burg
an jener Stelle gelegen war, wo sich heute der Bauernhof
„Sorger" erhebt. Die jüngst schmuck restaurirte Kirche, auf einem
Hügel in Mitte des Dorfes gelegen, enthält eine Reibe höchst
merk-würdiger
Grabsteine, und zwar: i. in der nördlichen Wand
einge-lassen
2 M. lang und 80 Ctm. breit, zeigt ein Dreieckschild mit
sechsblättriger Rose, überragt von einem Kübelhelm. Das
Mittel-feld
umgibt eine Inschriftleiste mit Majuskel Legende, wovon noch
lesbar sind die Worte: „Harrandi de Travtm. . . ." Der Stein
stammt wahrscheinlich aus dem Ende des 13. Jahrliundertes; 2.
gleich-falls
an der nördlichen Wand, prächtiges Renaissance Epitaphium
in röthlichenr Marmor des am 14. April 1614 gestorbenen Freiherrn
Hanns Friedrich von Trautmannsdorf, Vaters Maximilians von
Traut-mannsdorf.
Weiters noch zwei jüngere Grabsteine der Trautmannsdorf.
Von Trautmannsdorf 20 Minuten hinauf zum Forsthof,
Aus-sichtspunkt.
Nach Gnas Strasse 1 Stunde. Nächst Trautmannsdorf
liegen auch die Friedhöfe des Curortes.
Nach Schloss Gleichenberg 40 Minuten. Der schöne
Wald-weg
zweigt vom Dorfe Gleichenberg links ab und zieht sich, zuletzt
in eine alte Kastanienallee übergehend, durch Buchenwald hinan zu
der auf einem steil abfallenden Trachytfelsen aufragenden mächtigen
Burgveste, deren düsterer Charakter durch reichen Blumenschmuck
einigermassen gemildert wird. Gewaltige Bastionen beschirmen den
Zugang, der durch zwei Thore und doppelte Zwingermauern bis in
den inneren Burghof führt.
Die merkwürdige, zweistockhohe Burg ist ebenso reich an
glänzenden Prunkgemächern, wie an düsteren Gelassen, in welchen
Aberglaube und Wahnwitz schauerliche Orgien feierten. Zu ersteren
zählt besonders der herrliche, durch zwei Stockwerke reichende
Rittersaal mit seinen prächtigen Stuccoarbeiten, weiters das
Jäger-zimmer
mit allegorischen Bildern, Diana belauscht im Bade, die
Jahreszeiten etc. Die vier grossen Säle im zweiten Stockwerke mit
prächtigen Vertäfelungen, der Bibliothekssaal etc. Zu den letzteren zählt
die Goldmacherküche und der sogenannte Hexenthurm, jene
eigen-thümlich
hohe und breite, aber unverhältnissmässig si hmale Bastion,
die von einem Thürmchen überragt, dem von Fehlbach nach
Gleichen-berg
gehenden Wanderer so drohend entgegenblickt, das Archiv mit
den Verhörsprotokollen der vielen hier summarisch abgeführten
Ilexenprocesse, deren Opfer, im gleichen Irrwahne wie ihre Richter
befangen, sich selbst für Hexen oder Zauberer hielten, und sämmt-
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918