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14 Sektion I: Themen und Medien der Repräsentation
Während sich für die erste Hälfte des 18. Jahrhundert noch eine übergreifende Publi-
zität der kaiserlichen Baupolitik mit einer starken Präsenz der Druckgrafik nachwei-
sen lässt, fächern sich die Repräsentationsstrategien ab dem späten 18. Jahrhundert
in ein spannungsvolles Miteinander unterschiedlicher Gattungen auf, deren Produk-
tion zugleich die Krise der traditionellen Zeichensysteme deutlich werden lässt.
Diese Entwicklung sollte sich im Lauf des 19. Jahrhunderts verschärfen, als die
Fotomontage composite portraits von Mitgliedern der habsburgischen Dynastie zu er-
zeugen hatte und damit bereits auf die unübersehbaren Brüche im Selbst- und Fami-
lienbild des Erzhauses verweist. Ähnliche Brüche sind auch in der Selbstdarstellung
durch Musik offensichtlich, da im 19. Jahrhundert die Musikgeschichte nicht mehr
– wie bis zu Maria Theresia – von den Habsburgern in persona mitgeprägt wurde.
Im Gegensatz zum eingangs skizzierten mediengeschichtlichen Fokus geht der
amerikanische Kunsthistoriker Michael Yonan in seinem Beitrag Interdisciplinary
Material Culture Studies and the Problem of Habsburg-Lorraine Representation, der
im Rahmen der Tagung als Abendvortrag gehalten wurde, von einem methodischen
Konzept aus, das vor allem als Imperativ zur Beseitigung bisheriger Defizite der For-
schung zu verstehen ist. Yonan nimmt den ‚material turn‘ als jüngere Neuorientie-
rung in der Kunstgeschichte zum Anlass, um über die Notwendigkeit der Einbe-
ziehung der materiellen Qualitäten der entsprechenden Objekte, insbesondere im
Zeitalter Maria Theresias, zu reflektieren.1 Sein Artikel basiert auf einer grundlegen-
den Unterscheidung zwischen Bildern und Objekten, wobei Yonan festhält, dass mit
der traditionellen Kunstgeschichte eine starke Bevorzugung von Bildern einhergeht
– verstärkt durch die unterschiedlichen Ausformungen der visual culture. Der mate-
rial turn nimmt hier eine Korrektur vor, indem ein neues Schwergewicht auf die viel-
fältigen materiellen Komponenten der Artefakte gelegt wird. Yonan spricht sich dafür
aus, dass einer interdisziplinär verstandenen material culture nicht nur eine wichtige
Funktion im Rahmen der Erforschung der europäischen Monarchien zukommt, son-
dern hält darüber hinaus fest, dass ohne eine Einbeziehung der vielfältigen Bedeu-
tung von Oberflächen und materiellen Komponenten unser Verständnis habsburgi-
scher Hofkunst notwendigerweise unvollständig bleiben muss. Der Autor fokussiert
nicht ohne Grund sein Interesse in besonderer Weise auf die Kunst der Epoche Maria
Theresias. Trotz eines hohen Anteils an Porträts und allegorischen Bildschöpfungen
mit zum Teil innovativen ikonografischen Lösungen ist eine visuelle Präsenz ihrer
Herrschaft ebenso – wenngleich bisher zu wenig beachtet – in scheinbar wenig re-
präsentativen Werken, oft ostasiatischer Herkunft, festzustellen. Diese vermitteln
deutlich subtilere Botschaften in Bezug auf Herrschaftsverständnis und Autorität der
Regentin. Damit geraten die reichen Facetten einer materializing power (Yonan) in
der maria-theresianischen Epoche in den Blick, die nachdrücklich einen ‚Kult‘ der
Die Repräsentation der Habsburg-Lothringischen Dynastie in Musik, visuellen Medien und Architektur
1618–1918
Representing the Habsburg-Lorraine Dynasty in Music, Visual Media and Architecture
- Titel
- Die Repräsentation der Habsburg-Lothringischen Dynastie in Musik, visuellen Medien und Architektur
- Untertitel
- 1618–1918
- Herausgeber
- Werner Telesko
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20507-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 448
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918