Seite - 18 - in Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
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eine dritte äußerste nur nicht zur vollen Entfaltung gelangte tteihe von Strebepfeilern und an verkümmerte äußere
Strebebögen erinnert wird. Sämmtliche Strebepfeiler der Kirche, auch die kleinen, den Ecken der Ehorcapellen
vorgelegten, sind mit IpilMulcn oder Uialen gekrönt.
Ünuptgesimse sind au der Uotiukirche vier zu verzeichnen: Das Uußgcsims und drei Deckgesimse. Das Iußgesims
über dem hohen Gnscment besteht aus einem nbgetnsten Plättchen, einer Hohlkehle und einem Nundstab, unterschnitten
von einer zweiten Hohlkehle. Die drei anderen Gesimse laden, den Stilforderungen gemäß, mit der Schräge eines
Winkels von 45 Graden aus, daran ein Mttchen, eine tiefe Hohlkehle und ein Wulst oder Nundstnb. Das nächste ist
das Sims, welches am Abschlüsse der Eapelten um den Chor, um die Sacristei und die Vorhalle des Treppenhauses
herumläuft; es trägt eine Galerie, deren Maßwerk aus, in ein Rund gesleltten Dreipüssen gebildet wird. Dieses Gesims
läuft sich zwar am Ende des Ehorcs scheinbar todt, seine ttichtung wird aber durch die Fensterbank der großen Kreuz-
tncndenlichtcr und durch wnsserschläge an sämmtlichen äußeren Strebepfeilern immer wieder markirt, um schließlich an
der unteren Gegrenzung der Jigurengalerie der Hauptfacade wieder ganz aufzuleben. Ein anderes Gurt- oder richtiger
Kaffgesims läuft unter dem Dache der Seitenschiffe und der Ehorempore um Langhaus und Ehorschluß; es führt unter
sich einen reichen Glätterfries, und über sich eine Valerie, aus kreuzförmig in's Ouadrat gestellten Vierpässen gebildet.
An den Ieitentacaden ist seine Linie blos in dem Ouerpfosten oder Zwischensturz des Jensterstabwerkes angedeutet, an
der Hnuptfncnde aber bildet es in aller Uorm den kräftigen oberen Abschluß der Jigurengalerie und des ganzen
untersten Stockwerkes mit dem Portalbaue. Das Dnchgesims des Hochschiffes endlich ist gleichmäßig um alle Theile des
Gaues herumgeführt; es hat unter sich, ebenfalls einen Iries von erst aussteigendem und dann nach unten zurück-
geschlagenem Glätterwerk und über sich eine erhöhte Galeriebrüstung, deren Pfosten Kleebügen und darüber in Spitz-
bögen eingeschlossene Vierpässe tragen.
Der Ehorbau, der durch den Enpellcnkrnnz im gewissen Sinne fünsschissig ist, gliedert sich seinem Profile nach
auch äußerlich in drei verschiedene Stockwerke. Das unterste entspricht den Ehorcapellen, das mittlere der Empore über
dem Umgänge, die nach außen keine Jenster hat und dafür ganz mit durchbrochenem Stab- und Maßwerk verkleidet ist.
Erst mit dem Abschlüsse dieses mittleren Stockwerkes erreicht der Ehorbnu die Höhe der Seitenschiffe des Langhauses.
So kommt die, durch den niedrigen Eapellenkrnnz bedingte Doppelgliederung des Chores an dem äußeren Aufbaue
desselben sehr deutlich zum Ausdrucke und ist durch die oben beschriebene Anordnung der beiden Kaffgelimse auch an den
übrigen Theilen des Gaues fortgesetzt. Die consequente Durchführung diefer Doppelgliederung kommt der Manigfaltigkeit
wie der Harmonie des Aeußeren gleicherweise zu statten. Von der Chorseite führt noch eine kleine Pforte mit dem Relief
des guten Hirten über dem Sturz in die Sacristei. Eine andere, reicher gezierte, führt jenseits in das Ztiegenhaus der
Ehorgalerie; an den Thürpfosten stehen dort vier Heiligenfiguren unter Gnldachinen, und über dem Sturz ist ein Vcnster
eingelegt von derselben Gliederung, wie die sich nach innen öffnenden Jenster der Empore. Die dahin führende Treppe
erscheint von außen als ein achteckiges, mit einem durchbrochenen Steinhelme bedecktes Thürmchen. Ein ähnliches, nur
noch kleineres Treppengchäuse ist auch an die Zacristei angelehnt.
W a s die Iiale für die ausladenden Mnuerkörper, das ist der Spitzgiebel oder Wimperg für die Maueruffnungen
und Ilächen an der Außenfeite des gothischen Gauwerkcs. Auch dieses Zierglied ist an der Votivkirche überaus reichlich
angewendet. Sämmtliche Jenster der Kirche sind mit Wimpergen von geblendetem Maßwerk bekrönt, mit bloßer
Ausnahme der Ieitenschiff-Ienster des Langhaufes, der Sacristeifenster und der grofzen Nose an der Haupttacade.
Neberdies sind die drei Portale dieser Jacade mit Spitzgiebeln von durchbrochenem Maßwerk überstiegen, und die
Dachgiebel der Kirche tragen den gleichen Schmuck. Sowohl das Langhaus wie die beiden Kreuzfchiffarme schließen
nämlich mit Giebeln ab, die den drei Jacaden der Kirche zu besonderer Zierde gereichen.
Die beiden Ieitenfacaden am Kreuzfchiffc sind durch kräftige Strebemaffcn flankirl. An diese schließen sich
polygone Treppenhäuser an, welche in den oberen Partien durchbrochene Ichneckenstiegen bilden und zu beiden Seiten
des Dachgiebels in kleine fialenartige Thürmchen nuslaufcn. Zwischen den weituorspringenden Strebenden, welche
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Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Titel
- Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Autor
- Moriz Thausing
- Verlag
- Verlag von R. v. Waldheim
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 25.0 x 33.2 cm
- Seiten
- 148
- Schlagwörter
- Kirche, Kunstgeschichte, Architektur
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918