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der Pflasterung doch ausgeschlossen, Denn obwohl die Polychromie an dem Oberbaue nicht gleichmäßig
durchgeführt ist, vielmehr nur an einzelnen Chcilen desselben, namentlich an den Gewölben nachdrücklich
zur Wirkung gelangt, so durNe doch auch in der Qodensinche das poliichrome Princip nicht völlig
verläuguet werden. Gewisse mnrkirte, nicht allzu kleine Hnuptformcn scheinen sogar als Maßstab für
die Größe des Naumes ein ästhetisches Ersorderniß. Mit den üblichen kleinen Mitten, allenfalls in
zwei oder drei Farben, hätte jedoch nur ein dürftiger Effect erzielt werden können. ,Xuch sind diese
Materialien zu gewöhnlich und zu wenig dauerhaft. Die Dauerhaftigkeit aber ist eine der ersten
technischen Bedingungen für einen monumeutnlen ünu auch bei der Pflasterung; dazu kam die
nothwendige Uermeidung einer zu glatten Oberfläche, endlich der Kostenpunkt, welcher gerade zu der
2cit, als es sich um das Pflaster handelte, ein lehr entscheidendes Mort mitzusprechen hatte. Allerdings
wird uuter den natürlichen Steinforten immer Marmor nach Härte und Feinheit des Gefüges, wie
durch die Möglichkeit, den einzelnen Stücken jede beliebige Form, Größe und Farbe geben zu können,
in erster I^eihc zur Pflasterung einer Kirche geeignet fein. Gegen dessen Anwendung, zumal in der
Weife, wie solche zur vollständigen Geltendmnchung seiner Uorzüge erforderlich wäre, sprach eben die
Kostspieligkeit, ^uch ist die allzu große Glätte, welche der Marmor durch Abnützung annimmt, für
unsere Mtterungsverhältnissc keineswegs ganz außer ^cht zu lassen. Hlle sonst noch möglichen und
bei uns bisher üblichen ^Xrten der Pflasterung mit künstlichen Materialien schienen theils zu unsolide,
theils nicht vornehm genug.
^ I len erwähnten Anforderungen dürfte jedoch das schließlich gewählte bunte Flielenpflnster vollständig
entsprechen, Die Uotivkirchc bietet in Oesterreich das erste ücispiel einer solchen Pflasterung in größerem
Maßstabe. Im Auslande war das Mntcrinlc schon lange gebräuchlich, bei uns aber mird es erst seit
Kurzem fnbricirt. Die Fliesen bestehen aus einer thonähnlichen Composition, welche unter sehr großem
Drucke in verschiedene Mctallformcn gepreßt wird und bei hohem Hitzegrade zu einer Steinmasse von
unverwüstlicher Härte sintert, Die Mencrberger üiegclfnbriksgescllschnft, welche für die Herstellung
dieses Mntcrinles mit großen Kosten eine Fabrik am Micnerberge in üctricb gefetzt hat, ist nach vielen
Uersuchcn dahin gelangt, aus einheimischen Stoffen diese Platten in einer Oualität anznfertigen, welche
derjenigen der berühmten Fabricntc von Minton und Mettlach nichts nachgibt. Die Härte diel'es
Mnterinlcs ist der des Marmors, ja auch der des Granites überlegen; es läßt sich mit Stahl nicht
bearbeiten, nur mit Diamant kann es geritzt werden. Mit der Härte verbindet es noch den Uortheil
einer gewissen Ilauhheit, welche seine Uermendung für Fußböden ganz besonders empfiehlt. ^Xber auch
die fchlechtcre Märincleitung und daher die Ocwahrung einer höheren ^emperatnr, welche es vor
dem Marmor voraus hat, verbunden mit dem Uermeidcn des Fcnchtwerdens bei raschem Mttcrungs-
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Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Titel
- Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Autor
- Moriz Thausing
- Verlag
- Verlag von R. v. Waldheim
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 25.0 x 33.2 cm
- Seiten
- 148
- Schlagwörter
- Kirche, Kunstgeschichte, Architektur
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918