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Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
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Mitglieder des Kaiserhauses an den folgenden Tagen und am 21. Mai Seine Majestät der König Ludwig von Gayern. Sodann wurde die Besichtigung des Modelles auch dem Publicum gegen Entrichtung eines mäßigen Eintritt- geldcs zu Gunsten des Gautondes gestattet. Von dieser Erlaubniß machten bis Ende des Jahres 186Z 20.01Z Personen Gebrauch, was eine Einnahme von 4318 Gulden 18 Kreuzern ergab. Gei der Auffassung der Gauhütte mußte das Kirchemnodell leider zerlegt werden. Ferste! ließ nur die Hnuptfacnde desselben in einem der oberen Thurmgefchoße der Kirche ausstellen, wo auch die Qauzeichnungcn und die Schablonen verwahrt bleiben. Die übrigen Bruchstücke des Modelles wurden als Lehrmaterial an verschiedene Schulen vertheilt. D ie sorgfältige Herstellung dieses großen Kirchenmodclls, welche volle drei Jahre in Anspruch nahm, hat eigentlich Uerstels Project erst vollends für die Ausführung reif gemacht. Gilt ja doch in der Kunst mehr als in anderen Dingen der triviale 2ntz, sirobiren gehe über Studiren. Die Werkleute wurden mit den Intentionen des Architekten vertrauter; vor allem aber ergriff Krnnner, der für ideale Abstractionen vielleicht weniger empfänglich war, diese Gelegenheit, das Werk mit aller ihn, eigenen Gewissenhaftigkeit uud Mindigkeit zu prüfen, und seine wohlwollende Kritik hat nicht verfehlt, nufUerltel Eindruck zu machen und bei mancher wichtigen Verbesserung des Planes den Ausschlag zu geben. Das größte Verdienst um den Gnu der Votiukirche und mittelbar um die Hebung des gesammten Steinmetz- Handwerkes in Wien erwarb sich Krnnncr durch die vortreffliche Einrichtung der Gauhütte nach mittelalterlichen Grundsätzen. Die Ordnung, welche er derselben gab, bildet den dritten Abschnitt des im Anhange XI abgedruckten Orgnnisntionsstatuts. An der Spitze der Ünuhütte stand als Obermeister Krnnner selbst; unter ihm zunächst die Poliere, welche wieder als Meister den Gesellen und Lehrlingen vorstanden und ohne Noth vom Obermeister nicht umgangen wurden. Die Gesellen waren nach ihrer Tüchtigkeit in drei Elnssen von verschiedener Entlohnung getheilt. Desgleichen die Lehrjungen, welche schon nach überstandencr dreimonatlicher Probezeit einen mäßigen, in den fünf Jahren ihrer Lehrzeit sich steigernden Taglohn erhielten. Jür strenge Aufrechthaltung von Disciplin und Sitte, wie für gemeinsame Unterstützung in Erkrankungsfällen war das Nöthige vorgesehen. Diese Üauhütten-Ordnung hat sich in allem Wesentlichen während der ganzen Dauer des Gaues sehr gut bewährt. Nur in einen, Punkte hat dieselbe alsbald eine Abänderung erfahren, nämlich in Gezug auf die Art, wie die Löhnungen der Iteinmetze zur Auszahlung gelangten. D ie Gnuhütten-Vrdnung setzte feit, daß die Löhne der Iteinmetzgelellen das ganze Jahr hindurch ohne Rücksicht auf die längere oder kürzere Arbeitszeit, die zwischen Sommer- und Wintermonaten von 12 bis zu ? Stunden schwankte, stets in der gleichen Höhe ausbezahlt würden. Es erschien aber nöthig, nach Maßgabe der Jahreszeit einen Unterschied Zu machen und im Sommer einen höheren, ini Winter einen geringeren Lohn zu zahlen. Dieser nach der Jahreszeit variirende Lohnbetrag schloß sich nun zwar genau an die jeweilige Arbeitsdaucr an, doch war das Ausmaß so getroffen, daß die Entlohnung eines Gesellen während eines ganzen Jahres durchschnittlich wieder auf dasselbe hinauskam. Die Nothwendigkeit dieser Maßregel ward gleich im ersten Gaujahre durch die Wahrnehmung aufgedrängt, daß die Gesellen im Sommer, wo sie anderwärts leicht Geschäftigung und bessere Gezahlung fanden, den Votivkirchenbau verließen und dagegen im Winter, wo andere Stcinmetz-Werkstätten mit Entlassung von Arbeitern oder doch mit Lohnherabsetzung vorgehen, es mit der Wiederaufnahme in die Gnuhütte versuchten. Diese mußte daher, um sich vor Ichaden zu bewahren, den am Wiener Platze herrschenden Verhältnissen durch eine entsprechende Regelung ihrer Lohnsätze gerecht werden. Nächst der Orgnnisirung der Gauhütte war das Hauptaugenmerk von Jerstel und Krnnner aus die zweckmäßige Iteinbeschaffung für den Gau gerichtet. Die Itemarten, welche man für den Gau der Votivkirche verwenden wollte, sollten nicht blos harter, sondern auch solcher Oualität sein, daß sie eine hübsche Patinn erhoffen ließen. Gis zum Geginne dieses Kirchenbaues lag der Zteinbau in Wien überhaupt im Argen. Eigentliche Steinbauten aus Haustein oder Ouadern waren seit mehr als einem Jahrhunderte nicht aufgeführt worden. Eine Reihe ehemals ergiebiger Grüche war in Verfall und in Vergessenheit gernthcn, und dem entsprechend stand auch das Steinmetzgewerbe im Allgemeinen aus einer sehr niedrigen Stufe. Mit seltenen Ausnahmen ward natürlicher Stein bei Neubauten höchstens für Pfeiler, und sonlt immer nur für Iteinstutcn, Sockel, Jenster- und Thürgcwände, kurz zumeist da angewendet, wo eine veraltete Gauordnung es forderte. 62
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Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
Titel
Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
Autor
Moriz Thausing
Verlag
Verlag von R. v. Waldheim
Ort
Wien
Datum
1879
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
25.0 x 33.2 cm
Seiten
148
Schlagwörter
Kirche, Kunstgeschichte, Architektur
Kategorien
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