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Alserstraße anwies, Der Neubau ist so weit genug von der Votivkirche weggerückt, um sich
unabhängig von derselben ganz monumental entfalten zu können, und doch noch nahe genug,
um dem inneren üusnmmenhangc mit der neuen Univcrsitatskirche gerecht zu fein. Dasselbe
gilt auch von dem blos um ein Strnßenvicreck davon getrennten Generalcommnndo in Üezug
auf die künftige Garnisonkirche, Die beiden Straßen dazwischen sind so gelegt, daß die Nichtung
der einen auf die Hnupttacade, die der anderen aus die Ieitenfacade der Kirche trifft.
W a r so derUniucrsitätsbnu glücklich aus der unmittelbaren Umgebung derllotivkirche eliminirt,
so galt es nun auch, an die Uerbnuung der damit frei gewordenen Nächc solche Qedingungen zu
knüpfen, daß die Wirkung der Kirche dadurch nicht beeinträchtigt werden konnte. Jerltel, der
beauftragt ward, Vorschläge über die Art der Uerbnuung zu machen, behielt im allgemeinen
die Qaufluchteu von früher bei, nur mit Weglaffung der angenommenen Arcadcn. Um aber
den Uerkauf der Mätze möglichst lucratiu zu machen und mehr noch, um eine ziemlich bewegte
Contour und Abwechslung in die Dach- und Vesimslinien zu bringen, zerlegte er dieselben in
mehrere kleine Pnrcellen. Darüber sollten sich Gruppen von abwechselnd drei- und vierstöckigen
Häusern erheben, die schlicht bürgerlich gehalten, doch an den Ecken oder im Mittel mit
Giebeln ausgezeichnet, ähnlich den Wohnhäusern des XVI. und XVII. Iahrhundcrtes eine
recht bewegte Silhouette und ein mehr nnmuthigcs als großartiges Vesammtbild zu geben
versprechen. Schließlich ward die Sanction der einzelnen Pläne dem Qnucomite der Uotiukirche
vorbehalten, doch sollte dem Geschmacke der ünubcwerber damit keine Icssel angelegt werden.
Nur die allgemeine Ealamität auf dem ganzen Gebiete hat auch bisher die Verbauung dieser
Plätze verzögert.
Erst im Herbste 1876 ward nach langwierigen Verhandlungen endlich auch der Gnu des
Pfnrrhofes begonnen. Er bildet die Mitte der linksfcitigen von den zwei kleineren ünu-
gruppen, welche rückwärts dem Chöre der Votivkirche gegenüber liegen; er steht somit beiläufig
in der Nichtung, nach welcher die äußere Thüre der Sncristei sich öffnet. Seine Mittelstellung
zwischen zwei niedrigeren, die Nügcl bildenden Wohnhäusern gab die Möglichkeit, die nur fünf
Jenster breite Uncade doch etwas mehr auszuzeichnen. Das ganze Gebäude ist ?° breit und
10° tief und enthält in drei Stockwerken und einem Giebelgeschoß die Ptnrrknnzlei, die
Wohnungen des Pfarrers und von vier Eooperntoren. Das Erdgeschoß soll vermiethet werden,
um den Ertrag des Hauses zu erhöhen. Denn der Pfnrrhof wird auf dem, vom Stadt-
erweiterungstonde unentgeltlich überlassenen Grunde von dem Erlöse aus dem im Jahre 1869
für 80.000 Gulden verkauften Votivkirchengute Scurüs aufgeführt. Das aus 60.000 Gulden
festgefetzte Gaucnpitnl soll aber durch die für die Wohnungen der Geistlichen' zu entrichtende
Miethe nmortisirt und so der Kirche wiedererstattet werden, damit seine linsen späterhin im
Sinne des Erblassers Martin Znrand zu ihrer Erhaltung und Nestnurirung dienen können.
Eine weite Näche vor und zu beiden Seiten der Hauptfacnde bleibt unverbnut und wird blos
von Gartenanlagen eingenommen, deren Plan Jerltel mit dem Architekten Lothar Abel
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Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Titel
- Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Autor
- Moriz Thausing
- Verlag
- Verlag von R. v. Waldheim
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 25.0 x 33.2 cm
- Seiten
- 148
- Schlagwörter
- Kirche, Kunstgeschichte, Architektur
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918