Seite - 71 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 1

— 71 -^ ich war geblendet, war überwältigt; ich sah, baß es jenseits meines engen Hcimatthales eine weite, weite Nclt gab, von der ich bisher niemals Kunde erhalten. Erst, als ich das Buch nach fünfzehn oder zwanzig Jahren wieder las, und nachdem ich andere im selben Geist verfaßte Werke studiert hatte, konnte ich mir viel- leicht anmaßen, zu sagen, daß ich es verstehe. Doch eins wurde mir auch schon damals klar: dieGeschichte der Menschheit wich nicht — wie dies die alte Auf- fassung war — durch die Könige und Staatsmänner, durch die Kriege und Traktate bestimmt, welche der Ehrgeiz der einen und die Schlauheit der anderen ins Leben rufen, sondern durch die allmähliche Entwicklung der Intelligenz. Die Hof- und Schlack) tenchroniken, welche in den Historienbüchcrn an einander gereiht sind, stellen einzelne Erscheinungen der jeweiligen Kultur- zustande vor, nicht aber deren bewegende Ursachen. Von der althergebrachten Bewunder ung, mit welcher andere Geschichtsschreiber die Lebcnslä'ufe gewaltiger Eroberer und Lauderverwüster zu erzählen Pflegen, konnte ich im Buckle gar nichts finden. Im Gegen- teil, er führt den Nachweis, daß das Ansehen des Kricgcrstandes im umgekehrten Verhältnis zu der Kulturhühe eines Volkes steht: — je tiefer in der barbarischen Vergangenheit zurück, desto häufiger die gegenseitige Vekriegung und desto enger die Grenzen des Friedens: Provinz gegen Provinz, Stadt gegen Stadt, Familie gegen Familie. Er betont, daß im Fortschritt der Gesellschaft, mehr noch als der Krieg sclber, die Liebe zum Kriege im Schwinden begriffen