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nicht, um ungestört an Tilling denken zu können? . ..
Es scheint doch so — da ich noch um Mitternacht die
roten Hefte mit Eintragung der oben angeführten
Gespräche bereicherte und Betrachtungen daran knüpfte,
wie folgt: „Ein interessanter Mensch, dieser Tilling ...
Die hohe Frau, die ihn liebt, denkt jetzt wahrscheinlich
an ihn ... oder vielleicht kniet er in diesem Augenblick
zu ihren Füßen und sie ist nicht so allein — allein —
wie ich. Ach, jemand fo recht innig lieben zu können ...
es müßte nicht eben Tilling sein — ich kenne ihn ja
nicht . . . Nicht um Tilling beneide ich die Prinzessin,
aber um ihr Verliebtsein. Und je leidenschaftlicher, je
wärmer sie ihm zugethan ist, desto mehr beneide ich
sie."
Mein erster Gedanke beim Erwachen war wieder —
Tilling. Ja richtig: er hatte sich für diesen Tag behufs
wichtiger Mitteilungen bei mir angesagt. So gespannt,
wie auf diefen Besuch, hatte ich mich schon lange nicht
gefühlt. -
Um die bestimmte Stunde gab ich Befehl, daß
mit Ausnahme des Erwarteten niemand vorgelassen
werde. Meine Schwestern waren nicht zu Hause,
Tante Marie, die unermüdliche Zaräs-äams, hatte sie
auf den Eislaufplatz begleitet.
Ich setzte mich in meinen kleinen Salon — mit
einer hübschen HauZtoilette von violettem Sammt an-
gethan (violett steht Blondinen bekanntlich vorteilhaft),
nahm ein Buch zur Hand und wartete. Lang' habe ich
nicht warten müssen: zehn Minuten nach Zwei trat
Freiherr von Tilling bei mir ein.
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Die Waffen nieder!
Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 1
- Titel
- Die Waffen nieder!
- Untertitel
- Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner
- Band
- 1
- Autor
- Bertha von Suttner
- Verlag
- E. Pierson's Verlag
- Ort
- Dresden und Leipzig
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.94 x 18.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Krieg, Frieden, Pazifismus, Nobelpreis
- Kategorien
- Biographien
- Weiteres Belletristik