Seite - 214 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 1

— 214 — cine Minute des uns noch befchicdenen Zusammenseins hatten wir verlieren wollen. Es war so viel, was wir uns nuch zu sagen hatten, und doch sprachen wir nur wenig. Küsse und Thränen waren es zumeist, welche beredter als alle Worte sagten: Ich hab' Dich licb und muß Dich lassen. Da- zwischen fiel auch wieder ein hoffnungsvolles Wort: „Wenn Du wiederkommst" ... Es war ja möglich ... es kommen ja so viele Heini. Doch sonderbar! ich wiederholte: „Wenn Du wiederkommst" und bemühte mich, mir das Entzückende dieser Eventualität vor- zustellen, aber vergebens: meine Einbildungskrast ver- mochte kein anderes Bild Zu schaffen, als des Gatten Leiche auf der Wahlstatt oder mich selber auf der Bahre mit einem toten Kind im Arm . . . Friedrich war von ähnlichen trüben Vermutungen erfüllt; dcnn sein „Wenn ich wiederkomme" klang nicht aufrichtig, und häufiger sprach er von dem, was ge- schehen sollte, „wenn ich bleibe". „Heirate kein drittes Mal, Martha! Verwische nicht durch neue Iiebescindrücke die Erinnerungen dieses herrlichen Jahres ... nicht wahr, es ist eine glückliche Zeit gewesen?" Wir ließen nnn hundert kleine Einzelheiten, welche von unferer ersten Begegnung bis zu dieser Stunde sich uns eingeprägt hatten, an unserem Gedächtnis vorüberziehen. „Und mein Kleines, mein armes Kleines, das ich wohl nie an mein Herz drücken werde — wie soll es getauft werden?