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«Schon lange nicht mehr." scherzte er. „Eigentlich
habe ich Tuch nie recht leiden können."
„Das glaube ich nicht."
„Aber jetzt sehe ich erst — Du bist ja ganz blaß!
hast Du eine böse Nachricht erhalten?"
Ich schwankte. Sollte ich ihm den Vrief zeigen?
Sollte ich vorher das Beweisstück besehen, welches ich
noch immer unerbrochen in der Hand hielt? Die Ge-
danken schwirrten mir im Kopfe . . . Mein Friedrich,
mein alles, mein Freund und Gatte, nicin Vertrauter
und Geliebter — könnte er mir verloren sein? Untreu
— er? Ach, ein momentaner Sinncntaumel, weiter
nichts . . . War da in meinem Herzen nicht Nachsicht
genug, um das zu verzeihen, zu vergessen, als nicht
geschehen zu betrachten? ...Aber die Falschheit! Wie
Wenn auch sein Herz sich von mir abwendete, wie, wenn
er die verführerische Lori lieber hätte als mich? . . .
„So sprich doch — D u bist ja ganz verstummt...
Zeige mir dcn Vrief, der Dich so erschreckt hat." Er
streckte die Hand darnach aus.
„Da hast Du.". Ich überließ ihm das schon ge«
lesene Blatt; die Einlage behielt ich zurück.
Er überflog die angeberischen Zeilen. Mit einem
zornigen Fluche zerknitterte er das Vlatt und sprang
von seinem Sitze auf.
„Eine Infamie!" rief er. „Nnd wo ist das ver-
meintliche Beweisstück?"
„Hier — noch uneröffnet. Friedrich, sag' nur ein
Wort und ich werfe das Ding ins Feuer. — Ich wil l
keine Vcweise, daß Du mich betrogen hast."
Die Waffen nieder!
Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 1
- Titel
- Die Waffen nieder!
- Untertitel
- Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner
- Band
- 1
- Autor
- Bertha von Suttner
- Verlag
- E. Pierson's Verlag
- Ort
- Dresden und Leipzig
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.94 x 18.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Krieg, Frieden, Pazifismus, Nobelpreis
- Kategorien
- Biographien
- Weiteres Belletristik