Seite - 289 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 1

— 289 — umschlang mein unternehmender Vetter daS neben ihm sitzende Mädchen, preßte — zu unser aller Staunen — einen Kuß auf ihre Lippen und fragte dann: , „Willst Du mich in 66?" , „Ja — ich will," antwortete sie; „ja — ich hab' Dich lieb, K'onrad." Das war nun von allen Seiten ein Gläscr-crklin gen-lassen und umarmen und Hände« schütteln, und Glück- und Scgenwünschen ohne Ende: „Das Brautpaar soll leben" — „Konrad und Lilli — hoch!" — „Gott segne eueren Bund, Kinder" — „Gratuliere herzlichst, Vetter" — „Sei glücklich, Schwester" und so weiter und so weiter. Eine freudige und gerührte Stimmung bemächtigte sich unser aller. Vielleicht nicht bei allen ganz neidlos; denn so wie der Tod das traurigste und bedauernswerteste Ereignis abgibt, so ist die Liebe — die zum leben schaffenden Bunde sanktionierte Liebe — das frühlichste und be- neidenswerteste. Ich konnte zwar von Ncid nichts spüren, denn mir war das der neuen Braut erst ver- heißene Glück schon zum wirklichen und festen Besitz geworden; es bcschlich mich eher ein Gefühl des Zweifels: „So ein vollkommenes Glück, wic es mir von Friedrich bereitet wird, kann wohl der armen Lilli kaum zn teil werden . . . Konrad ist zwar ein allerliebster Mensch, aber — es giebt nur einen Friedrich!" Mein Vater machte dem Gratulationstumult ein Ende, indem er mit dem an seinem kleinen Finger befindlichen Siegelring an das Glas klopfte und sich zum sprechen erhob: V. v. Suttner, Die Waffen nieder! 19