Seite - 297 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 1

— 297 — Jetzt folgte eine Zeit der schwankenden Hoffnungen und Befürchtungen. Heute hieh es „der Friede gesichert", morgen — „der Krieg unvermeidlich". Die meisten Leute waren letzterer Ansicht. Nicht so sehr, weil die Verhältnisse auf die Notwendigkeit cincs blutigen AuZ- trages wiesen, als deshalb, weil, wenn das Wort „Krieg" einmal gefallen, wohl noch sehr lange hin und her debattiert werden kann, aber erfahrungsgemäß das Ende jedesmal Krieg ist Das kleine, unschein- bare Ei, welches den „Oasus dsiii" enthält, wird da so lange ausgebrütet, bis das Ungetüm hervorkriccht. Täglich zeichnete ich in die roten Hefte die Phasen des schwebenden Streites auf und so wußte ich damals, und weiß noch heute, wie der verhängnisvolle „66er „Krieg" sich vorbereitet hat und wie er ausgcbrochen ist. Ohne diese Eintragungen wäre ich wohl über das betreffende Stück Geschichte in derselben Unkenntnis, in welcher die meisten, inmitten der Geschichts ab spielung lebenden Menschen sich befinden. Gewöhnlich weiß die große Mehrzahl der Bevölkerung nicht, warum und wie ein Krieg entsteht — man sieht ihn nur eine Zeit lang kommen — dann ist er da. Und wenn er da ist, so fragt man schon gar nicht mchr nach den kleinen Interessen und Meinungsverschiedenheiten, die ihn her- beigeführt, sondern ist nur noch mit den gewaltigen Ereignissen beschäftigt, die sein Fortgang mit sich bringt, lind ist er einmal vorüber, so erinnert man sich höchstens der dabei persönlich erlebten Schrecken und Verluste— beziehungsweise Gewinne und Triumphe — abcr an die politischen Entstehungsgründc wird nicht