Seite - 10 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 2

— 10 — Das rote Kreuz... ich wußte, durch welches auf das schmerzlichste erschütterte Vültermitleid diese In- stitution ins Leben gerufen ward. Seiner Zeit hatte ich den darüber in Genf geführten Verhandlungen ge- folgt und die Schrift Dunants, welche den Anstoß zu dem Ganzen gegcbeu, hatte ich gelesen. Ein herzzer- reißender Iammerruf, diese Schrift! Der edle Genfer Patrizier war auf das Schlachtfeld von Solferino ge- eilt, um zu helfen, was er konnte; und das, was er dort gefunden, hat er der Welt erzählt Zahllose Ver- wundete, welche sünf, sechs Tage liegen geblieben — ohne Hilfe . . . Alle hätte er retten mögen, doch was konnte er, der Einzelne, was konnten die Anderen, Wenigen diesem Massenelend gegenüber thun? Er sah solche, welchen durch einen Tropfen Wasser^ durch einen Bissm Vrut das Leben hatte erhalten werden können; er sah solche, die noch atmend, in fürchterlicher Eile begraben wurden . . . Dann sprach er aus. was schon oft erkannt wurden, was aber jetzt erst Nachhall fand: baß die Verpflegs- und Nettungsmittel der Heeres- verwaltung den Anforderungen einer Schlacht nicht mehr gewachsen seien. Und das „rote Kreuz" ward geschliffen. Österreich hatte sich der Genfer Convention da- mals noch nicht angeschlossen. Warum? . . . Warum wird allem Neuen, wenn es noch su segensreich und einsach ist, Widerstand entgegengesetzt? — Das Gesetz der Trägheit — die Gewalt des heiligen Schlen- drians . . . „Die Idee ist recht schon, aber unaus- führbar", hieß es da — auch meinen Vater hörte ich