Seite - 45 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 2

— 45 — aufgehört haben, zu wirken. Die Gesinnungen, welche aus dem Iugendunterricht, vielleicht auch teilweise an- geerbt — in meinem Innern noch zu Gunsten des Soldatcntums sprachen, sind mir jetzt, während der zuletzt erlebten Greuel ganz verloren gegangen. Ich weiß nicht, sind es die mit Dir gemeinschaftlich ge- machten Lektüren, aus welchen hervorging, daß meine KriegZve räch tun g nicht vereinzelt ist, sondern von den bestcu Geistern der Zeit geteilt wird; sind es die mit Dir geführten Gespräche, in welchen ich mich durch Aussprache meiner Ansichten und durch Deine Zu- stimmung in denselben gestärkt habe; — kurz, mein früheres dumpfes, halbunterdrücktes Gefühl hat sich in eine klare Überzeugung verwandelt — eine Überzeugung, die es mir fortan unmöglich macht, dem Kriegsgott zu frbhnen. Das ist so eine Wandlung, wie sie bei uiclen Leuten in Glaubenfacheu eintritt. Zuerst siud sie etwas Zweiflerisch und gleichgültig, sie können aber noch mit einer gewissen Ehrfurcht den Tcmpelhandlungcn beiwohnen. Wenn aber einmal aller Mystizismus ab- gestreift ist, wenn sie zu der Einsicht gelangen, daß die Ceremonie, der sie da beiwohnen, auf Thorheit — auch mitunter grausame Thorheit, wie bei den religiösen Opfcrschlachtungen — beruht, dann wollen sie nicht mehr neben den anderen Bethörten kuiceu, nicht mehr sich und die Welt betrügen, indem sie den nunmehr entgütterten Tempel betreten. So ist es mir mit dem grausamen Mursdienst ergangen. Das geheimnisvolle, überirdische, Andachtsschauer-erweckende, welches das Erscheinen dieser Gottheit auf die Menschen hervor-