Seite - 49 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 2

- 49 — vor Wunden, Blut und Tod; aber diese Zweifel ver- jagte ich: was ich that, ich mußte cs thun. Des Gatten Blick, stehend und gebietend, war auf mich ge- richtet, von feinem Schmerzenslager streckte er die Arme nach mir aus und: „Ich komme, ich komme." war das Einzige, was ich zu denken vermochte. Ich fand die Stadt Wicn in unsäglicher Aufregung und Bestürzung. Verstörte Gesichter ringsumher. Mein Wagen kreuzte sich mit mehreren Wagen, welche mit Verwundeten gefüllt waren. Immer spahete ich. ob nicht etwa Friedrich darunter sei . . . Aber nein: sein Sehnsuchtsruf, der an meinen Fibern Zerrte, drang von weiter her — von Böhmen. Hätte man ihn zurücktransportiert, so wäre die Nachricht davon gleich- zeitig zu uns gelangt. Ich ließ mich in einen Gasthof führen. Von dort aus besorgte ich meine Einkäufe, expedierte den für Grumitz bestimmten Brief, warf mich in einen mög- lichst einfachen, strapazcnfähigcn Neiseanzug und sichr nach dem Nordbahnhof. Ich wollte den nachstabgchcn- den Zug benutzen, um rechtzeitig an meine Bestimmung zu gelangen. Es war wic eine fixe Idee, unter deren Herrschaft ich meine Handlungen ausführte. Auf dem Bahnhof herrschte reges — Leben — oder soll ich „reges Sterben" sagen? Die Halle, die Säle. der Perron; Mcs uoll Verwundeter, Viele davon in den letzten Zügen. Und ein massenhaftes Mcnschcn- gcwirre: Krankenpfleger. Sanitätssoldaten, barmherzige Schwestern. Ärzte; Männer und Frauen aus allen Gesellschaftsklassen, die da kamen, um nachzusehen, ob V. v. Tuttner, Die Waffen n!?der! H, 4