Seite - 54 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 2

seliges Andenken — hatte ich auf diesem Weg gemacht, einem glänzenden und liebevollen Empfang in der Haupt- stadt „Preußens" (wie hatte letzteres Wort doch seither einen anderen Klang bekommen!) entgegen. Und heute? Was war heute unser Ziel? Ein Schlachtfeld und umliegende Lazarethe — die Stätten des Todes und der Leiden. Mir schauderte. „Gnädige Frau", sagte einer der Ärzte — „ich glaube. Sie sind selber krank . . . Sie sehen so bleich und leidend aus." Ich blickte auf. Der Sprecher war eine fympa- thifche, jugendliche Erscheinung. Vermutlich war dies die erste praktische Thätigkeit des kaum promovierten Mediziners. Schön von ihm, daß er seine ersten Dienste diefem gefahr- und beschwerdevollen Amte widmete! Ich fühlte mich diefen Menschen, die da neben mir im Waggon faßen, dankbar für die Linde- rung, welche sie den Leidenden zu bringen im Begriffe standen. Auch den ovfermutigen, wirklich „barm- herzigen" Schwestern zollte ich im Herzen Bewunderung und Dank. Doch was brachte jeder dieser gnten Menschen mit? Ein Lot Hilfe für taufend Zentner Not. Die tapferen Nonnen mußten wohl für alle Menfchen jene überwiuouugslraftige Liebe im Herzen tragen, wie fie mich für meinen Mann erfüllte; fo wie ich vorhin empfunden, daß, wenn der furchtbar entstellte und ekelerregende Soldat, der uur mcincn Füßen röchelte, mein Gatte gewesen, aller Widerwille entschwunden wäre — so empfanden Jene wühl jedem Menschenbrudcr gegenüber, und Zwar durch die Kraft