Seite - 76 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 2
Bild der Seite - 76 -
Text der Seite - 76 -
— 76 —
noch blutig war von der vorigen Fracht. Der Soldat,
welcher neben dem Kutscher saß, hielt eine Laterne,
welche unstäten Schein auf unsere Straße warf. «Böser
Traum — böser Traum": immer mehr und mehr
hatte ich den Eindruck, einen solchen durchzumachen.
Das Einzige, was mich an die Wirtlichkeit meiner
Lage mahnte und was mir zugleich eine Beruhigung
war, war Doktor Bressers Nähe. Ich hatte meine
Hand in die seine gelegt und sein anderer Arm unter-
stützte mich:
„Lehnen Sie sich an mich, Baronin Martha —
armes Kind", sagte er sanft.
Ich lehnte mich an, so gut ich konnte, aber doch:
welche Folterlage! Wenn man sein ganzes Leben
lang gewohnt war, auf schwellenden Sitzen, sprung-
federigen Wagen und weichen Betten zu ruhen, wie
schwer sällt es da — zumal nach emer ermüdenden
Tagereise, in einem schüttelnden Leiterwagen zu sitzen.
dessen harter Brettergiund nur mit einer Lage blut-
feuchten Strohs gepolstert ist. Und ich war doch
unverletzt — wie muß erst denen zu Mute sein, die
mit zerschmetterten Gliedern, mit hervorstehenden
Knochensplittern auf solchem Fuhrwerk über Stock und
Stein gejagt werden?
Bleischwer fielen mir die Lider zu. Ein weh-
thuendes Schläfrigkeitsgefühl peinigte mich. Bei der
Unbequemlichkeit meiner Lage — alle Glieder schmerzten
mich — bei der Erregtheit meiner Nerven war ja
Schlaf unmöglich; desto grausamer wirkte das nicht
zu bannende Schlafbedürfnis. Gedanken und Bilder,
Die Waffen nieder!
Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 2
- Titel
- Die Waffen nieder!
- Untertitel
- Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner
- Band
- 2
- Autor
- Bertha von Suttner
- Verlag
- E. Pierson's Verlag
- Ort
- Dresden und Leipzig
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.49 x 18.0 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Krieg, Frieden, Pazifismus, Nobelpreis
- Kategorien
- Biographien
- Weiteres Belletristik