Seite - 154 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 2
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Ein intensiver Karbolgeruch erfüllte nunmehr alle
Räume, und heute noch, wenn mir dieser Geruch ent-
gegenweht, steigen jene Cholera - Schreckenstage vor
meinem Geiste auf.
Die geplante Flucht mußte ein zweites Mal unter-
bleiben. Schon stand am Tage nach Lillis Tode der
Wagen bereit, welcher Tante Marie, Rosa, Otto und
meinen Kleinen sortführen sollte, als der Kutscher —
von dem unsichtbaren Würger erfaßt, wieder vom
Kutfchbock absteigen muhte.
„Also will ich euch fahren," sagte mein Vater,
als ihm diese Nachricht gebracht wurde. «Schnell —
ist Alles bereit?" . . .
Rosa trat vor:
„Fahret," sagte sie — „ich muß bleiben ... ich ...
folge der Lilli "
Und sie sprach wahr. Bei Tagesanbruch wurde
auch diese zweite junge Braut in die — Leichenkammer
gebracht.
Natürlich war in dem Schrecken dieses neuen Un-
glücksfalles die Abreise der Anderen nicht ausgeführt
worden.
Mitten in meinem Schmerze, meiuer tobenden Angst,
ergriff mich auch wieder der tiefste Zorn gegen jene
Niesenthorheit, welche solches Übel freiwillig herauf-
beschwört. Mein Vatcr war, als sie Rosas Leichnam
hinausgetragen, in die Knie gcfallm, den Kopf an die
Mauer . . .
Ich trat hin und Patte ihn beim Arme:
„Vater," sagte ich — „das ist der Krieg."
Die Waffen nieder!
Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 2
- Titel
- Die Waffen nieder!
- Untertitel
- Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner
- Band
- 2
- Autor
- Bertha von Suttner
- Verlag
- E. Pierson's Verlag
- Ort
- Dresden und Leipzig
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.49 x 18.0 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Krieg, Frieden, Pazifismus, Nobelpreis
- Kategorien
- Biographien
- Weiteres Belletristik