Seite - 169 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 2

— 169 — Laß im Traum das Leben dich umwimmern, Das hier unterging in starres Grauen; Ist es denn so lockend, sich mit Trümmern In di« Weltgeschichte einzubauen?" Leider ja, es ist verlockend, so lang die Weltge» schichte — das heißt Diejenigen, welche sie schreiben — die Hcldenstandbilder aus Kriegstrümmern aufbauen, so lang sie den Titanen des Völkermordes Kränze reichen. Auf den Lurbeerkranz verzichten, dem Ruhme entsagen, wäre edel — meint der Dichter? Erst werde das Ding. auf das zu verzichten so wohlthätig erschiene. seines Nimbus entkleidet und kein Ehrgeiziger wird mehr darnach greisen. Es dämmerte schon, als wir in Chlum, autamen und von da, Arm in Arm, in schweigendem Schauer, dem nahen Schlachtfelde zuschritten. Es siel ein mit ganz kleinen Schneeflocken gemischter Nebel und die kahlen Äste der Bäume bogen sich unter dem schrill klagenden Pftistn cincs kalten Novemberwindes. Massen von Gräbern und Massengräber riugö umher. Aber ein Friedhof? Nein. Da hatte man leine müden Lebcnspilgcr zur Nnhe friedlich hingebetlet, da wurden mitten in ihreni jugendlichen Lebensfeuer, in ihrer vollsten Manneskraft strotzende Znkunftsanwärter ge> waltsam niedergeworfen uud mit GrabeZerde über- schaufelt. Verschüttet, erstickt, auf ewig stumm gemacht — alle die brechenden Herzen, die blutig zerfetzten Glieder, die bitterlich weinenden Augen — die wilden Verzwciflungsschreie, die vergeblichen Gebete . . . Einsam war es auf diefem Kriegsacker nicht.