Seite - 172 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 2

— 172 — schluchzten die Beraubten, hier hingen sie ihre Kränze und ihre Grablaternen auf. Ein großer, schlanker Mann, von vornehmer jugendlicher Gestalt, in einen Generalsmantel gehüllt, kam auf den Tumulus zu. Die Anderen wichen von der Slelle ehrerbietig zurück und ich hörte einige Stimmen flüstern: „Der Kaiser. . ." Ja, es war Frauz Joseph. Der Landesherr, der oberste Kriegsherr war es, der da am Allerseelen- tag gekommen war. für seine toten Landeskinder, für feine gefallenen Krieger ein stilles Gebet zu verrichten. Auch er stand unbedeckten, gebeugten Hauptes da, in schmerzerfüllter Ehrerbietung von der Majestät des Todes. Lange, lange blieb er unbeweglich. — Ich konnte mein Auge nicht von ihm wenden. Was mochten für Gedanken durch seine Seele ziehen — was für Gefühle durch fein Herz, welches doch — das wußte ich — ein gutes und ein weiches Herz war? Es überkam mich, als könnte ich ihm nachfühlen, als kömile ich gleich- zeitig mit ihm die Gedanken denkcn, die seinen ge- senkten Kopf durchkreuzten: ... Ihr, meine armen Tapferen . . . gestorben .. . und wofür? ... Wir haben ja nicht gesiegt . . . mein Venedig! Verloren . .. fo Vieles, fo Vieles verloren ... auch euer junges Leben . .. Und ihr habt es so opfcr- mutig hergegeben . . . für mich . . . O könnte ich es euch zurückgeben! Ich, für mich, habe ja das Opfer nicht begehrt — für euch, flir euer Land, ihr meine