Seite - 302 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 2
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ein voll schmerzlichsten Erbarmen geseufztes: -O ihr
armen, armen Menschen!" Da nun sehe ich unter
hageldichten Mordgeschossen aufschreiende Gestalten zu-
sammenbrechen — und jetzt erst erinnere ich mich, daß
auch mein Liebstes so zusammenbrach . , .
Aber im Traume, sonderbar: da weiĂź ich nie
etwas von meinem Verlust. Da geschieht es häufig,
daß ich mit Friedrich spreche und verkehre, als wäre
er noch am Leben. Ganze Auftritte aus der Vergangen-
heit — aber keine trüben — spielen sich dabei ab: das
Wiedersehen nach Schleswig-Holstein; die Scherze an
Sylvias Wiege; unsere FuĂźtouren in den schweizer
Bergen; unsere Studienstunden ĂĽber geliebten BĂĽchern
und hier und da jenes gewisse Bild im Abendsonnen-
fchcin, wo mein weiĂźhaariger Mann mit seiner Garten-
schere die Nosenzwelge stutzt — — „Nicht wahr,"'
lächelt er mir zu, -wir sind ein glückliches alles
Paar?"
Meine Traucrkleidei habe ich niemals abgelegt —
selbst am Hochzeitstage meines Sohnes nicht. Wer
einen solchen Mann geliebt, besessen und- verloren
— so verloren — dessen Liebe muß auch „starker
sein als der Tod", dessen Rachegroll kann nimmer
erkalten.
Aber wen trifft dieser Zorn? An wem >oUte ich
Rachc ĂĽben? Die Menschen, welche die That voll-
bracht, trifft nicht die Schuld. Der aUein Schuldige
ist der Geist des Krieges und diesem nur könnte
mein — allzuschwaches — Verfolgunaswerk gelten.
Mein Sohn Rudolf stimmt mit meinen Gesinnungen
Die Waffen nieder!
Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Band 2
- Titel
- Die Waffen nieder!
- Untertitel
- Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner
- Band
- 2
- Autor
- Bertha von Suttner
- Verlag
- E. Pierson's Verlag
- Ort
- Dresden und Leipzig
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.49 x 18.0 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Krieg, Frieden, Pazifismus, Nobelpreis
- Kategorien
- Biographien
- Weiteres Belletristik