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Dinge – Nutzer – Netze - Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
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14 | Dinge – Nutzer – Netze fremd sind: »Nur eine weder dem Genuß noch der Vernunft verhaftete Zivilisation hat dieses Haus des Nichtzusammengehörens errichten können« (ebd.). Die Museumsausstellung ist für Valéry ein kannibalisches Übereinanderherfal- len, ein gegenseitiges Sich-»Auffressen« (ebd.) von Exponaten, die doch eigentlich in ihrer historischen Funktion nur sich selbst zugehörig seien und folgerichtig auch alleinstehen sollten. Erst der Verlust ihrer »Mutter«, der Architektur (oder, um es weniger blumig zu fassen, der räumlichen Situation, für die sie geschaffen wurden), gibt die Werke den Zwängen des Museums preis, in denen Valéry wiederum die Aus- kristallisation einer fundamentalen medialen Verirrung der Moderne sieht: Doch unsere Erbschaften erdrücken uns. Der Mensch von heute, durch die Übergewalt seiner technischen Mittel außer Atem gekommen, ist gerade durch das Übermaß seiner Reichtümer arm geworden. Der Mechanismus der Schenkungen und Vermächtnisse – der Weitergang des künstlerischen Schaffens und der Ankäufe – und jener andere Anlaß für Erweiterungen, der aus dem Bedachte kommt, den man auf den Wechsel der Moden und des Geschmacks und deren Rückwendung zu jüngst noch mißachteten Werken verschwendet, tragen um die Wette pau- senlos ein Kapital zusammen, dessen Übermaß gerade ihm die Nutzbarkeit nimmt. (Ebd.) Die große Paradoxie des Museums liegt darin, das sein »Vermögen« nicht wächst, wenn sich seine »Speicher« füllen (ebd.): Je mehr Objekte angehäuft werden, desto beliebiger wird das einzelne Schaustück – und je meisterhafter und schöner ein Werk ist, desto schlimmer die Gewalt, welche ihm die Musealisierung antut, denn umso stärker verlangt es nach individueller Herausstellung. Museen werden zu Deponien des Historischen, die alles in sich aufnehmen, was die Vergangenheit ihnen hinter- lässt: Das Museum übt eine nicht abreißende Anziehungskraft auf alles aus, was Menschen tun. Der Mensch, der Werke schafft, der Mensch, der stirbt, füttern es. Alles endet an der Wand oder im Schauschrank... Ich kann mich nicht enthalten, an die Spielbank zu denken, die bei jedem Ein- satz gewinnt. (Ebd.) Der Effekt auf den Besucher ist dann einer der Überwältigung und Überforderung. Er kann nicht hunderten von Meisterwerken simultan die gebührende Würdigung zu- kommen lassen, sie nicht alle gleichzeitig empfindsam ergründen. Sein Blick kennt keine Tiefe mehr und gleitet nur noch pflichtschuldig über die einzelnen Exponate, deren Anwesenheit zwar registriert, aber nicht mehr gedeutet wird. Kurzum: Das Mu- seum macht uns »oberflächlich« (ebd.). Valérys Kritik am Museum als kultureller Einrichtung ist freilich keine univer- selle. Ihr Bezugspunkt ist ganz unverhohlen das Kunstmuseum, und noch konkreter dessen französische Ausformung zur Entstehungszeit des Textes in den 1920er Jah- ren. Die in ihr angerissenen Phänomenbereiche erschöpfen sich indes nicht im Sinn
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Dinge – Nutzer – Netze Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Titel
Dinge – Nutzer – Netze
Untertitel
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Autor
Dennis Niewerth
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-4232-6
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
Kategorie
Medien
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