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Einleitung | 19
unweigerlich Debatten darüber anstoßen, wie dehnbar der Museumsbegriff tatsäch-
lich ist und sein darf: Von der Antwort auf die Frage, ob virtuelle Museen tatsächlich
als ›Museen‹ verstanden und behandelt werden dürften, hing letztlich auch ab, ob und
in wie weit sie überhaupt in den fachlichen Zuständigkeitsbereich der Museologie
fallen würden.
Diese Debatten der 1990er und frühen 2000er Jahre werden im Folgenden noch
genauer beleuchtet werden. Tatsächlich scheinen sie in der Rückschau ohnehin rein
akademischer Natur gewesen zu sein. Alle Zweifel an der didaktischen und instituti-
onellen Legitimität virtueller Museen haben die Museumsvirtualisierung nicht auf-
halten können, und vor diesem Hintergrund scheint es fast Methode zu haben, dass
das Fach sich im Hinblick auf Digitalisierung und Mediennutzung im Museumsbe-
trieb fast völlig in Einzeluntersuchungen und Individualdarstellungen konkreter Pro-
jekte verlaufen hat. Grundsätzliche Arbeiten über die Natur der eigenen Institution
und deren Verhältnis zur inneren Logik digitaler Medien liegen bis dato kaum vor.
Bemerkenswerte Ausnahmen bilden Suzanne Keenes Buch Digital Collections. Mu-
seums and the Information Age (Keene 1998), das sich mit der Sachgeschichte mu-
sealer Computernutzung in der englischsprachigen Welt befasst, und Ross Parrys
Monographie Recoding the Museum (Parry 2006), welche die Museumsdigitalisie-
rung als logische Fortsetzung aller musealen Didaktik versteht. Im deutschsprachigen
Raum hat vor allem Werner Schweibenz den Begriff des virtuellen Museums stark
gemacht und in einer Anzahl von Aufsätzen systematisiert. Ansonsten scheint die
Museologie Grundsatzdiskussionen über Digitalisierung und Virtualisierung zu mei-
den ‒ und mit ihnen auch die Frage, inwiefern derzeit in dieser Richtung stattfindende
Entwicklungen möglicherweise auf das Wesen der Institution Museum zurückweisen
und dieses zur Disposition stellen.
Es erscheint daher geboten, diese Grundsatzfragen wieder ins Recht zu setzen ‒
und sich dabei theoretischer und methodischer Ansätze zu bedienen, die gerade nicht
aus dem disziplinären Instrumentarium der Museologie stammen. Virtuelle Museen
sind Angebote der kulturellen und kommemorativen Kommunikation, die von digi-
talen Medientechnologien getragen werden ‒ und insofern liegen sie auch ganz und
gar auf dem Interessenspektrum der Medien- und Kommunikationswissenschaften.
Diese wiederum haben seit der Jahrtausendwende eine veritable Fülle von Veröffent-
lichungen zur Rolle der ›neuen Medien‹ (und speziell des World Wide Web) in der
immer wieder politisch proklamierten ›Wissensgesellschaft‹ hervorgebracht. Beson-
dere Aufmerksamkeit wird dabei der Vorstellung vom Netz als Tummelplatz für
Amateure gezollt, die sich ‒ tatsächlich oder vermeintlich ‒ »strategische Ressourcen
unter den Nagel [reißen]«, »einst sorgfältig überwachte Medienkanäle [verstopfen]«
und »die Macht der Mandarinklasse« infrage stellen, »Geschwätz von Wissen zu
Dinge – Nutzer – Netze
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Titel
- Dinge – Nutzer – Netze
- Untertitel
- Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Autor
- Dennis Niewerth
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4232-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
- Kategorie
- Medien