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Dinge – Nutzer – Netze - Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
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36 | Dinge – Nutzer – Netze das definitorisch Wesentliche des Museums begründet (vgl. Waidacher 2000: 6). Fer- ner verwiesen die Objekte nun, im Gegensatz zu den Tempelschätzen der Antike, nicht mehr auf ein unnahbares Heiliges außerhalb der erfahrbaren Welt. Ebensowe- nig fielen sie in reine Dinghaftigkeit zurück. Sie fanden vielmehr einen neuen kultu- rellen Ort, der sich in Paul Valérys eingangs erwähnter Feststellung wiederspiegelt, die Menschen sprächen im Museum leiser als im Alltag, doch lauter als beim Gottes- dienst. Der didaktische Anspruch, der das spätere Museum auszeichnen sollte, war eben- falls in der Anlage der Kunstkammern bereits vorhanden. Sie waren als Idealtypen eines planvoll geordneten »Spielraums« (Bredekamp 2007: 68) konzipiert, in wel- chem ihre Beschauer die ›natürliche‹ Ordnung der Dinge in komprimierter Form bei der Entfaltung beobachten können sollten − von Gesteinsbrocken über die Königrei- che der Pflanzen und Tiere bis zur Welt des Menschen mit ihren künstlerischen und technischen Errungenschaften. In diesem Sinne standen sie auch in der Tradition des utopischen Denkens und fanden ihren Niederschlag in der utopischen Literatur. Bredekamp verweist hier insbesondere auf die 1619 entstandene Schrift Reipublicae Christianopolitanae descriptio des Theologen und Mathematikers Johann Valentin Andreae: Hier erscheint die Stadt ›Christianopolis‹ als eine riesige, ideal gestaltete Kunstkammer, in welcher die Bauwerke selbst die kosmische Ordnung so vollkom- men abbilden, dass sich um ›Bildung‹ niemand mehr bemühen muss − allein in der Bewegung durch diesen perfekten Wissensraum fliegt sie seinen Bewohnern nämlich ›spielend‹ zu. Die Umwelt selbst formt den Verstand (vgl. Bredekamp 2007: 68; vgl. Andreae 1977: 72ff.). Bredekamp identifiziert dementsprechend das Menschenbild hinter der Kunstkammer mit jenem, das Platon in seinem Theaitetos Sokrates in den Mund legt (vgl. Platon 2012: 162f.) und welches in der frühen Neuzeit vor allem von John Locke, Francis Bacon und (im deutschsprachigen Raum) Johann Daniel Major vertreten wurde: jenem der tabula rasa, gemäß dessen der noch unkultivierte Mensch einer unbeschriebenen Wachstafel gleicht, auf der sich sein Umfeld einprägen kann. Interessanterweise spannt Bredekamp hier, freilich ohne das Wort als solches zu be- nutzen, den Bogen zum modernen Virtualitätsbegriff, indem er die ›Tafel‹ als Meta- pher für den menschlichen Geist in genealogische Verbindung zu Alan Turings Idee des tape stellt. Der Magnetbandstreifen, bei Turing der entscheidende materielle Trä- ger für die Kulturtechnik des Programmierens, wird hier zum Symbol von Bewusst- seinsprozessen, in welchen die Welt immer wieder aufs Neue erschaffen, ausgelöscht und überschrieben werden kann (vgl. Bredekamp 2007: 100ff.). 1.1.4 Die Geburt des Museums Als erste Museen der Welt werden heute typischerweise das 1661 gegründete Amer- bach-Kabinett in Basel und das Ashmolean Museum in Oxford aufgeführt, welches
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Dinge – Nutzer – Netze Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Titel
Dinge – Nutzer – Netze
Untertitel
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Autor
Dennis Niewerth
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-4232-6
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
Kategorie
Medien
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