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Dinge – Nutzer – Netze - Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
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74 | Dinge – Nutzer – Netze zu Benjamin spielt für Böhme allerdings die Frage nach Original und Reproduktion keine herausragende Rolle. »Authentisch« ist hier die Atmosphäre bzw. das atmo- sphärische Erleben selbst, nicht das individuelle Objekt. Tatsächlich seien die Ver- suche der Avantgarde-Kunst des 20. Jahrhunderts, sich vom Element des Auratischen zu befreien, genau an den Atmosphären der Ausstellungsräume gescheitert: Indem man nicht-auratische Objekte als Kunstwerke präsentierte, habe man nicht etwa die Auren etablierter Kunstgegenstände dekonstruiert, sondern lediglich die entsprechen- den Gegenstände auratisiert (vgl. ebd.: 26). Marcel Duchamps berühmtes Urinal- kunstwerk Fountain war nicht imstande, den sozialen Stellenwert der Kunst jenem der Klempnerei anzugleichen. Es erhob vielmehr ein einziges, singuläres Pissoir in den Status eines authentischen Kunstwerkes. Die Werke der Avantgarde blieben in den »heiligen Hallen der Kunst« (ebd.) und ließen hier nur umso deutlicher die Macht von Aura und Atmosphäre sichtbar werden. Die Beziehung zwischen Ding und Raum − die für das Museum ja relevant ist wie kaum eine andere − stellt Böhme über den Begriff der »Ekstase« (ebd.: 33) her. Als ›Ekstasen‹ bezeichnet Böhme all jene wahrnehmbaren Zustände der Dinge, in welchen sie ihre räumliche Anwesenheit behaupten, so z.B. Form, Ausdehnung, Farbe und Klang. Atmosphäre und Ekstase befinden sich in einem symbiotischen Verhältnis, das sich im Raum vollzieht − Atmosphären sind Raumverhältnisse, wel- che von den Ekstasen der Dinge »tingiert« (ebd.) sind, sie seien damit »Sphären der Anwesenheit von Etwas« (ebd.), die über eine distinkt räumliche Wirklichkeit verfü- gen. Diese Wirklichkeit ist aber nicht als eine rein physikalische zu verstehen: Atmo- sphären werden real erst durch die Anwesenheit eines erlebenden, fühlenden, leibli- chen Subjektes (vgl. ebd.: 34). Sie entstehen, wenn das menschliche Empfindungs- vermögen einer Raumsituation ausgesetzt wird. Man darf diesem ästhetischen Modell sicher skeptisch gegenüberstehen. Böhmes konsequente Ausarbeitung der Atmosphäre als eine bewusst nichtsystematische An- näherung an die Ästhetik materieller Dinge lässt sie für einen wissenschaftlich-ana- lytischen Zugriff auf ästhetische Phänomene mindestens problematisch werden. Ihr Wert für die vorliegende Studie liegt daher eher in den von ihr ausgehenden Denk- anstößen als in ihrem konkreten theoretischen Programm. Böhmes Atmosphärenbe- griff erweitert in erster Linie die ›Aura‹ nach Walter Benjamin um eine räumliche Komponente: Während Benjamin das affektive Wirkungspotential der Kunst im Ein- zelobjekt verortet, richtet Böhme seinen Blick auf die Ästhetik von Umwelten sowie jene des Zusammenspiels von Objekten miteinander und einem Beobachter, der sich physisch in ihrer Präsenz aufhält. Der Ästhetik des individuellen Originalobjektes, an welcher sich Benjamin abarbeitet, setzt Böhme also eine Ästhetik von Raum und Körperlichkeit entgegen. Während für Benjamin die Aura das Resultat der Tatsache darstellt, dass das Kunstobjekt den Prozess der Geschichte durchlaufen hat und Re- ferent einer historischen Situation ist, sieht Böhme in den Atmosphären das Produkt einer bestimmten Form von Anordnung im Jetzt, und das heißt auch: Während die
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Dinge – Nutzer – Netze Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Titel
Dinge – Nutzer – Netze
Untertitel
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Autor
Dennis Niewerth
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-4232-6
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
Kategorie
Medien
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