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Das Museum: Ein Umriss | 75
Aura nur vorgefunden werden kann, sind Atmosphären machbar (vgl. ebd.: 34ff.).
Übertragen wir diese Überlegung nun auf das Museum, dann präsentiert sich sein
affektives Funktionieren als analog zu seinem epistemischen. Museen sind nicht nur
Sinn-, sondern auch Atmosphärenmaschinen, in denen die von Rheinberger beschrie-
bene Bricolage der Objekte nicht nur bestimmte Bedeutungen, sondern auch Anmu-
tungen hervorbringt. Sie produziert nicht nur Wissensstrukturen, sondern auch Be-
findlichkeiten, die sich einem rein interpretatorischen Zugang widersetzen.
1.4 STATT EINER DEFINITION:
DAS MUSEUM ALS DISPOSITIV
Weder die Museologie selbst, noch die sie umgebenden Rechtssysteme sind bis jetzt
übereingekommen, was ein ›Museums‹ im Wesentlichen ist oder zu sein habe, und
entsprechend ist der Begriff auch nirgendwo geschützt. Dieses Fehlen eines definito-
rischen Schlusses führt unweigerlich dazu, dass jedes individuelle Museumskonzept
zugleich eine Stellungnahme darüber ist, worin seine Kuratoren Rolle und Funktion
der Institution Museum überhaupt sehen. Friedrich Waidacher erteilt dementspre-
chend jedem Versuch einer finalen Definition des Museumsbegriffs eine Absage und
plädiert stattdessen in der Museumsforschung für eine Pluralität von Arbeitsdefiniti-
onen, welche sich jeweils den akuten wissenschaftlichen Erkenntnisinteressen anpas-
sen (vgl. Waidacher 2000: 1f.). Werner Schweibenz schlägt ähnliche Töne an und
besteht zugleich darauf, solche Definitionen weit und offen zu halten, um der Viel-
gestaltigkeit ihres Gegenstandsbereiches gerecht zu werden. Er selbst verwendet ein
von der United Kingdom Museums Association ausgelobtes mission statement, wel-
ches das Museum – wie es eben ist, wenn epistemische Dinge Form annehmen –
anhand einer Auflistung von Tätigkeiten beschreibt (vgl. Schweibenz 2001: 2):
Museums enable people to explore collections for inspiration, learning and enjoyment. They
are institutions that collect, safeguard and make accessible artefacts and specimens, which they
hold in trust for society.11
Minimalanforderung an ein Museum ist also, dass es erstens die materiellen Hinter-
lassenschaften unserer Vorzeit sammelt und diese zweitens einer wie auch immer
beschaffenen Öffentlichkeit zur Rezeption anbietet. Gottfried Korff hat genau diesen
Dualismus mit dem Begriffspaar des Deponierens und Exponierens belegt.
Erweitern müssen wir diese Definition hier zusammenfassend folgendermaßen:
Indem Museen Objekte auf eine bestimmte Art im Raum anordnen, machen sie aus
11 http://www.museumsassociation.org/about/frequently-asked-questions vom 12.04.2018,
vgl. auch Schweibenz 2001: 3.
Dinge – Nutzer – Netze
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Titel
- Dinge – Nutzer – Netze
- Untertitel
- Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Autor
- Dennis Niewerth
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4232-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
- Kategorie
- Medien