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Dinge – Nutzer – Netze - Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
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Netz und Virtualität | 87 Interface paradoxerweise als eine Virtualisierung des ›Eigentlichen‹ der Rechenpro- zesse. Für Turkle hingegen würde eine solche Deutung die alltägliche Erlebnisdimen- sion unseres Umgangs mit Computern falsch abbilden. Die Art, wie wir an Interfaces herantreten, ist für sie nicht das Ergebnis eines geglückten Betruges des Anwenders durch die Entwickler schlimmstenfalls proprietärer Software, sondern vielmehr jenes einer »Gewöhnung« an eine »opake Technologie« (Turkle 1998: 32). Die überwie- gend per Kommandozeile gesteuerten Betriebssysteme, die der Markteinführung des Apple Macintosh im Jahre 1984 vorausgegangen waren, hatten von ihren Nutzern noch die Einarbeitung in eine Befehls-›Sprache‹ verlangt, welche in ihrem logischen Aufbau jenen der Rechnerarchitektur zumindest erahnen ließ. Der Mac hingegen konfrontierte seinen Nutzer erstmals mit einem Interface, das durchaus zur ›Ober- flächlichkeit‹ im positiven Sinne ermutigte: Der Rechner musste als Rechner nicht mehr verstanden werden, um ihn für die verschiedensten anderen Zwecke zu verwen- den (vgl. ebd.: 33; vgl. Pias 2002: 252). Am Mac und den ihm folgenden, von grafi- schen Interfaces gestützten Heim- und Personalcomputern vollzog sich laut Turkle ein Lernprozess, in dessen Zuge Computernutzer dazu übergingen, Interfaces als Teil ihrer alltäglichen Wirklichkeit hinzunehmen (vgl. Turkle 1998: 33). In einer solchen »Kultur der Simulation« (ebd.) verschiebt sich die virtuelle Funktionalität des Computers: Es geht nun nicht mehr darum, über ein virtuelles In- terface aktuelle Rechenoperationen anzustoßen, sondern vielmehr in einem Interface das zu aktualisieren, was in der Rechenfähigkeit des Computers virtuell bereits an- gelegt ist. Dies ist für Turkle kein in irgendeiner Form ›irrealer‹ Vorgang: Im Gegenteil, die Kultur der Simulation bestärkt mich darin, das, was ich auf dem Bildschirm sehe, »für bare Münze« zu nehmen. In der Kultur der Simulation gilt, daß etwas real ist, wenn es funktioniert. (Ebd.: 34) Die Idee, dass Computer wirklichkeitserweiternd wirken können, weil sie Virtualitä- ten aktualisieren, findet u.a. ein Echo beim australischen Medientheoretiker und - kritiker McKenzie Wark. In seinem 2004 entstandenen und seinem Titel entspre- chend von revolutionärem Gestus getragenen Hacker Manifesto bezeichnet Wark das Hacking ‒ in weiterem Sinne aber jedwede Form des Programmierens ‒ als eine »production of production« (Wark 2004: 32). Weil Software nicht Produkt, sondern Prozess ist, schafft das Schreiben von Software nicht etwa Aktualität, sondern Virtu- alität ‒ ein Programm kann ausgeführt und damit (vorübergehend) aktualisiert wer- den, kehrt aber mit seiner Beendigung wieder in den virtuellen Zustand zurück. Für Wark bildet das Virtuelle eine ›dritte Natur‹ ‒ jenen Teil des Wirklichen, den wir bisher weder in die erste Natur des physikalischen Kosmos, noch die zweite der so- zialen Welt integrieren konnten und der produktiv immer neue Wirklichkeitsoptionen
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Dinge – Nutzer – Netze Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Titel
Dinge – Nutzer – Netze
Untertitel
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Autor
Dennis Niewerth
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-4232-6
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
Kategorie
Medien
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