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Dinge – Nutzer – Netze - Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
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Netz und Virtualität | 109 2.4.3 ›Navigation‹ als Kulturtechnik Was er ihr entgegensetzt ist die Idee der Navigation, mit der sich abermals ein räum- liches Denkmuster verbindet und die zugleich frappierend mit Flussers Metapher vom ›Ozean der Möglichkeiten‹ ineinandergreift. Konrad Becker spricht ferner von einem »Ozean der Information« (Becker 2010: 182) und sieht in den Meereskonzep- tionen insbesondere der mediterranen Mythologien zugleich Äußerungen einer zivi- lisatorischen Urangst, sich in formlosen Wissenslandschaften zu verirren. Im Ur- sprungsnarrativ des hellenischen Pantheons entsteigt die Göttin Nyx als personifi- zierte Nacht als erste dem Chaos. Im babylonischen Mythos erhebt sich Tiamat aus der »großen und finsteren Leere« (ebd.), bevor aus ihrem Leib die Welt geschaffen wird. Für Becker sind diese Figuren Sinnbilder eines prärationalen Zustands des Im- Dunkeln-Tappens und Verlorenseins in einer Welt, die sich dem Verstandenwerden verweigert. Sie »spiegeln Ängste in Bezug auf die Abgründe chaotischer und un- strukturierter Information wider, unberührt von den logozentrischen Strahlen solarer Gottheiten und dem Licht der Vernunft« (ebd.). In dieser Dunkelheit, in welche die Sonne der Rationalität und klassifizierenden Benennung noch nicht scheint, wird nun »die Navigation zur Wurzel moderner Wis- senschaften« (ebd.): Der Navigator ist nicht der in der Sonne badende Gelehrte, der bereits weiß und versteht, sondern der Noch-Lernende, der sich an den verstreuten Lichtern vereinzelter Sterne orientiert und sichere Routen im »unüberschaubaren Meer des Wissens« (ebd.) absteckt. Wie der Navigator das räumliche Unbekannte kartiert, kartiert der Wissenschaftler das Abstrakte. Vor der Kategorisierung und Be- nennung erfolgt die Verzeichnung der Bezüglichkeiten von ›Landmarken‹ unterei- nander ‒ man erinnere sich hier an Rheinbergers Experimentalsysteme. Dass Navi- gation nun auch zum Leitprinzip des Umgangs mit digitalen Medien wird, ist für Becker nur folgerichtig, bezieht die Kybernetik als Wissenschaft selbstgeregelter Systeme ihren Namen doch von Odysseus᾿ Steuermann Kybernos (ebd.: 182f.). Freilich muss, so verführerisch diese Metaphorik in ihrer Schlüssigkeit auch sein mag, genauer betrachtet werden, in welcher Verbindung sie zu Hypertextsystemen steht. Alan Wexelblat greift hierzu wie Steve Woolgar auf den Begriff des Cyber- space zurück, und ebenfalls wie Woolgar betrachtet auch Wexelblat diesen als eine Metapher. Für ihn ist er kein ›Raum‹, der notwendigerweise als solcher erfahrbar sein müsste (auch wenn simulatorische Verfahren wie jene des Computerspiels ihn durch- aus entsprechend visualisieren könnten). Vielmehr sei er ein »semantic space« (vgl. Wexelblat 1991: 256), dessen Dimensionsachsen in erster Linie als Bedeutungsach- sen verstanden werden müssten: Der von ihnen aufgeschlossene ›Raum‹ sei kein spa- tialer, in welchem Dinge körperliche Ausdehnung besitzen, sondern ein Sinn-Raum, in dem virtuelle Objekte Bedeutungsqualitäten entfalten können (vgl. ebd.: 256f.). Auch Wexelblat spricht von einer ›Navigation‹ in solchen semantischen Räumen, bei
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Dinge – Nutzer – Netze Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Titel
Dinge – Nutzer – Netze
Untertitel
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Autor
Dennis Niewerth
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-4232-6
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
Kategorie
Medien
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