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›Virtuelle Museen‹: Medienwechsel und Kontinuität | 137
der Science Fiction tragenden) Narrativs, in dem ›Pete‹ und seine Schwester ›Lucy‹
einen Arztbesuch mit ihrer kranken Mutter komplett von Softwareprogrammen orga-
nisieren lassen: Petes Agent findet über das Web nicht nur das nächstgelegene und
von der Versicherung seiner Mutter abgedeckte Krankenhaus ‒ er berücksichtigt zu-
gleich, dass Pete es vermeiden möchte, zur Stoßzeit nach Hause zurückfahren,
schlägt ihm Abkürzungen und Schleichwege vor und stellt in Petes Terminkalender
eigenständig Termine zurück, deren Priorität geringer ist als der Arztbesuch mit sei-
ner Mutter. Zugleich synchronisiert sich Petes Agent mit dem Lucys, der für sie wie-
derum ähnliche Planungen vornimmt, und stellt damit sicher, dass sie beide zeitgleich
mit ihrer Mutter am gewählten Krankenhaus eintreffen – die Wahl fällt hier letztlich
auf eine Klinik, die auf der Webseite der Versicherung irrtümlich nicht als abgedeckt
angegeben wurde, vom Programm aber auf anderem Wege als mögliche Option ve-
rifiziert werden konnte (vgl. ebd.).
Dabei hat die Software als rein funktionales System ohne kulturelles Bewusstsein
natürlich keinerlei Konzept davon, wer Pete, Lucy oder ihre Mutter ›als Menschen‹
sind, was eine Versicherung oder ein Krankenhaus als Einrichtungen ihrer Lebens-
welt leisten oder warum Pete z.B. einer Verabredung zum Tennis eine geringere Pri-
orität beimessen würde als der Behandlung seiner Mutter. Das Semantic Web soll
vielmehr über eine Art unsichtbares und gewissermaßen ›umgekehrtes‹ Interface für
Maschinen verfügen: Während HTML und HTTP es Menschen ermöglichen, auf
Computern gespeicherte Information auf eine Art anzusehen, die sie in kulturelle Ob-
jekte verwandelt, soll das Semantic Web es Maschinen ermöglichen, mit den kultu-
rellen Inhalten von Webseiten zu interagieren:
Pete and Lucy could use their agents to carry out all these tasks thanks not to the World Wide
Web of today but rather the Semantic Web that it will evolve into tomorrow. Most of the Web᾿s
content today is designed for humans to read, not for computer programs to manipulate mean-
ingfully. Computers can adeptly parse Web pages for layout and routine processing – here a
header, there a link to another page – but in general, computers have no reliable way to process
the semantics: [...] The Semantic Web will bring structure to the meaningful content of Web
pages, creating an environment where software agents roaming from page to page can readily
carry out sophisticated tasks for users. Such an agent coming to the clinic᾿s Web page will
know not just that the page has keywords such as »treatment, medicine, physical, therapy« (as
might be encoded today) but also that Dr. Hartman works at this clinic on Mondays, Wednes-
days and Fridays and that the script takes a date range in yyyy-mm-dd format and returns ap-
pointment times. And it will »know« all this without needing artificial intelligence on the scale
of 2001᾿s Hal or Star Wars᾿s C-3PO. Instead these semantics were encoded into the Web page
when the clinic᾿s office manager (who never took Comp Sci 101) massaged it into shape using
off-the-shelf software for writing Semantic Web pages along with resources listed on the Phys-
ical Therapy Association᾿s site. (Ebd.)
Dinge – Nutzer – Netze
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Titel
- Dinge – Nutzer – Netze
- Untertitel
- Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Autor
- Dennis Niewerth
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4232-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
- Kategorie
- Medien