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sein im Raum behaupten. Wie die Leinwand, auf der die Farbe eines Gemäldes auf-
gebracht ist, ist auch der Monitor ein positiver, materieller Träger einer Bildinforma-
tion.
3.2.5 Materialität und Digitalität
Die von Friedrich Kittler betonte und im zweiten Kapitel dieser Arbeit bereits ange-
rissene Abstammung der Computeranzeige vom Radarschirm führt indes auch dazu,
dass Computermonitore ihre Digitalität bzw. jene der Bildinformation immer noch
nicht völlig verschleiern können. Weil digitale Bilder eben aus irreduziblen, recht-
winkligen Elementarteilchen in Form von Pixeln bestehen, deren Anzahl endlich ist
und auch bei modernen Monitoren immer noch deutlich unterhalb der Wahrneh-
mungsschwelle des menschlichen Auges liegt, können wir die Textualität des Com-
puterbildes bei genauem Hinsehen durchaus ausmachen, so z.B. an Treppeneffekten
oder unweichen Farbübergängen (vgl. ebd.: 180). Nach Kittler ist es gerade die Ma-
terialität des Rechners, die der digitalen Bilderzeugung ästhetische Grenzen setzt. Die
physikalischen Vorgänge, die in der analogen Welt unsere Wahrnehmung bedingen
und ermöglichen, können allesamt mathematisch beschrieben werden und ließen sich
deshalb auch in Software übersetzen. Einem »optimalen Algorithmus« (vgl. ebd.:
183), der schlicht alle mathematischen Variablen der physikalischen Welt einbezieht
und somit eine völlig perfekte Bildgebung auf dem Bildschirm ermöglicht, steht dem-
nach keine unumgängliche formale Hürde im Weg:
[Ein solcher Algorithmus] müßte einfach alle optischen und d.h. elektromagnetischen Glei-
chungen, die die Quantenelektrodynamik für meßbare Räume kennt, auch für virtuelle Räume
durchrechnen, schlichter gesagt also die drei Bände von Richard Feynmans Lectures on Physics
in Software gießen. (Ebd.: 183)
Beschränkt werden die Möglichkeiten von Computergrafik vielmehr durch die tech-
nischen Grenzen und natürlich immer auch die Bezahlbarkeit von Hardware. Der op-
timale Algorithmus mag grundsätzlich denkbar sein, könnte aber auf keinem Rechner
der Welt ausgeführt werden – insbesondere nicht, wenn die hierbei erzeugten Com-
puterbilder zu einem Interface gehören sollen, mit dem der Nutzer in Echtzeit inter-
agiert (vgl. ebd.).
Computergrafik benötigt also »Idealisierungen« bzw. nicht selten auch »Vulga-
risierungen« (ebd.): Was auf einem Computerbildschirm in Erscheinung tritt, exis-
tiert nicht nur immer im Zustand der Prozeduralität und Vergänglichkeit, sondern
auch auf halben Wege zwischen einer ästhetischen Zielsetzung und technischer
Machbarkeit. So ist z.B. der besagte R/G/B-Würfel, dessen drei Dimensionsachsen
Dinge – Nutzer – Netze
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Titel
- Dinge – Nutzer – Netze
- Untertitel
- Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Autor
- Dennis Niewerth
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4232-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
- Kategorie
- Medien