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Dinge – Nutzer – Netze - Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
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›Virtuelle Museen‹: Medienwechsel und Kontinuität | 147 jeweils einer der Grundfarben rot, grün und blau zugeordnet sind, nur eine zweckmä- ßige und technisch vergleichsweise einfach umsetzbare Annäherung an das tatsäch- lich vom menschlichen Auge wahrnehmbare Lichtspektrum – Kittler spricht hier von einem der »üblichen Kompromisse zwischen Ingenieuren und Betriebswirten« (ebd., 179). Die Tatsache, dass Computergrafik eben Prozess und nicht Produkt und in ihrer Prozesshaftigkeit wiederum von physikalischen Voraussetzungen der Compu- terhardware abhängig ist, führt Kittler zu der hier bisher nur touchierten Frage, wel- cher Domäne der menschlichen Lebenswelt Computerbilder eigentlich zugehörig sind. Novaks Vorstellung von ›Attributobjekten‹ rückt die semantische Ebene in den Vordergrund und verortet die von Computerinterfaces erzeugten Objekte damit im kulturellen Bereich der Sprache und der Kommunikation, während Huis digitale Ob- jekte vor allem in einem vorsprachlichen Bereich der menschlichen Kognition ent- stehen, in welchem akute Beobachtung, bekanntes Schema und ›Mustererkennung‹ zusammentreten. Beide Ansätze verorten das Objekt aber beim Menschen, dem das Medium lediglich zuarbeitet. Für Kittler hingegen steht alles, was Computer auf ei- nen Bildschirm zu bringen imstande sind, grundsätzlich außerhalb der Kulturwelt. In seinem 1990 erschienen Aufsatz über Fiktion und Simulation führt er diesen Gedankengang am Beispiel der fraktalen Geometrie genauer aus: Die endlos ver- schachtelten ›Mandelbrot-Bäumchen‹, in welchen sich dieselben komplexen geomet- rischen Figuren laufend wiederholen, sind laut Kittler eine Methode der Sichtbarma- chung einer mathematischen Funktion, die sich im Grunde nur auf sich selbst bezieht und gar keine ›Welt‹ außerhalb jenes formallogischen Systems kennt, innerhalb des- sen sie formuliert und aufgelöst werden kann. Weil Computergrafik Software und daher notwendigerweise Mathematik ist, sind Computerbilder eben keine Zeugnisse einer freien und kreativen Willensanstrengung, sondern ganz im Gegenteil: Das Funktionieren von Software setzt eine zwingende Logik der Zahlen voraus, die vor allem zweierlei ist – nämlich selbstbezüglich und eigendynamisch. Damit sind die Interface-Erscheinungen von Computern weder Produkte des menschlichen Geistes noch physischer menschlicher Schaffenskraft – vielmehr haben sie den Charakter von Naturphänomenen, die grundsätzlich weder auf Absichten zurückzuführen sind noch aus sich selbst heraus in kulturellen Kategorien interpretierbar sind. Sie sind schlicht das Ergebnis unverhandelbarer mathematischer Zusammenhänge und folgerichtiger Notwendigkeiten (vgl. Kittler 1990: 202f.). Stefanie Samida unterscheidet zur Abgrenzung des Museums von anderen Erin- nerungs- und Vermittlungsdispositiven kategorisch zwischen zweierlei Formen von Kulturgütern. Auf der einen Seite stehen die »Mentefakte«, zu denen z.B. Texte und Musikstücke gehören und die vor allem von Institutionen wie dem Archiv und der Bibliothek gesammelt und gepflegt werden. Mentefakte sind, wie der Name schon sagt, das Ergebnis vornehmlich mentaler Anstrengungen und zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht fest an einen einzigen materiellen Träger gebunden sind, sie sind
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Dinge – Nutzer – Netze Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Titel
Dinge – Nutzer – Netze
Untertitel
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Autor
Dennis Niewerth
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-4232-6
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
Kategorie
Medien
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