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slavery; lightness against the dark.“3 In der Sowjetunion war die „Zwei-La-
ger-Theorie“ des Politbüro-Mitglieds Andrej Schdanow zur offiziellen Doktrin
geworden, die den „imperialistisch-antidemokratischen“ Block des Westens dem
„antiimperialistisch-demokratischen“ Block des Ostens in „unversöhnlichem
Gegensatz“ gegenüberstellte.4 Und dazwischen also die „Gefährliche Grenze“.
Der „Eiserne Vorhang“: Das Symbol des Kalten Krieges
Der aus der Welt des Theaters stammende Begriff des „Eisernen Vorhangs“ –
dort bezeichnet er die Schutzvorrichtung, die Bühne und Zuschauerraum trennt
– bestimmte 40 Jahre lang die bildliche Vorstellung der Teilung Europas in zwei
feindliche Lager. Christian Koller sieht in dieser „Grenzmetapher“5 eine grund-
legende Asymmetrie eingeschrieben. „Man befand sich nicht einfach auf der
einen oder auf der anderen Seite der Grenze, sondern ‚vor‘ oder ‚hinter‘ dem
Vorhang“6, was auch mit einer spezifischen Perspektive und einer klaren Wer-
tung einhergeht. „Die Grenze schloss nicht wie üblicherweise aus, sondern ein,
war in der westlichen Wahrnehmung die Mauer eines einzigen riesigen Gefäng-
nisses.“7 Die westliche Seite „vor dem Eisernen Vorhang“ wurde demzufolge als
die moralisch überlegene imaginiert, als das von Freiheit geprägte Eigene, von
dem sich das Andere hinter der Grenze radikal abschloss. Zudem enthält das
Adjektiv „eisern“ auch militärische, kriegerische Konnotationen, selbst wenn die
Trennwand im Theater ursprünglich tatsächlich aus Metall war.
Doch der „Eiserne Vorhang“ war nicht nur eine Metapher, sondern poli-
tisch-territoriale Realität: Nach 1945 hatten sich die Grenzen des Kommunismus
in Europa und Asien dramatisch ausgedehnt: in Europa auf das gesamte Gebiet
östlich einer Linie, die von der Elbe bis zur Adria (mit Ausnahme Griechen-
lands) verlief. Der Eiserne Vorhang erstreckte sich entlang der Grenze der Sow-
jetischen Besatzungszone, respektive der Deutschen Demokratischen Republik
gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, über die Westgrenze der Tschechos-
lowakei und Ungarn und weiter entlang der rumänischen und bulgarischen
Westgrenze. Ab 1961 in Form der Mauer dann auch mitten durch Berlin.8
3 Arthur Herman, Joseph McCarthy. Reexamining the Life and Legacy of America’s Most Hated
Senator. New York: Free Press 2000, S.
208, zit. n. Douglas Field: Introduction. In: Ders.: (Hg.):
American Cold War Culture. Edinburgh: Edinburgh University Press 2005, S. 1–13, hier S. 4.
4 Stöver: Der Kalte Krieg, S. 74. Vgl. Wladislaw Subok, Konstantin Pleschakow: Der Kreml im
Kalten Krieg. Von 1945 bis zur Kubakrise. Hildesheim: Claassen 1997, S. 165.
5 Koller: Der „Eiserne Vorhang“, S. 367.
6 Ebd.
7 Ebd.
8 Vgl. Roman Sandgruber, Norbert Loidol: Der Eiserne Vorhang. Die Geschichte – das Ende –
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Diskurse des Kalten Krieges
Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
- Titel
- Diskurse des Kalten Krieges
- Untertitel
- Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20380-3
- Abmessungen
- 15.9 x 24.0 cm
- Seiten
- 742
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918